Schutzmasken sind die nicht zu übersehenden Zeichen der Krise. Im Hintergrund werden heftig Konflikte ausgetragen.

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Der eine muss Corona-bedingt geschlossen halten, der andere verkauft neben Lebensmitteln auch Fahrräder, Batterien und Unterwäsche. Diese Situation hat in den letzten beiden Wochen zu massiven Reibereien unter den Händlern geführt. Blumenverkäufer gegen Spar, Sporthandel gegen Hofer, Spielzeugfachgeschäft gegen Billa und Schreibwarenhandlung gegen Lidl, könnte man sagen.

Die großen Supermärkte sind wegen ihres Sortiments zusehends unter Druck geraten, was zuletzt zu bemerkenswerten Fronten geführt hatte. Peter Buchmüller, der Obmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer, zog offen in den Krieg gegen einige der großen Lebensmittelkonzerne. Konkret ins Visier nahm er seine Mitglieder Spar, Hofer und Lidl, die eine Selbstbeschränkung nicht mittragen würden. Er forderte eine gesetzliche Regelung, damit die Benachteiligung der geschlossenen Geschäfte ein Ende habe. Sollte es keine Fortschritte in den Gesprächen des Sektors geben, erwartet Buchmüller eine Anzeigenflut gegen die großen Lebensmittelketten und damit die eigenen Mitglieder in der Sparte.

Es geht um viel Geld: Dem Handel entgeht wegen der verhängten Sperre nach eigenen Angaben eine halbe Milliarde Euro Umsatz pro Woche.

Fairplay ab Karsamstag

Der Appell, der von Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer unterstützt wurde, hat nun Früchte getragen. Die fünf Großen – Spar, Rewe, Hofer, Lidl und Metro – haben sich am Freitag doch noch auf eine Selbstbeschränkung geeinigt, die ab Karsamstag in Kraft treten – und für das von manchen lauter, von anderen leiser eingeforderte "Fairplay" sorgen soll. Auf der Streichliste stehen u. a. Fernseher, Computer, große Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, Fahrräder, Möbel, Heimwerker-Großgeräte, Gartenmöbel, Sport- und andere Bekleidung, Pool- und Autozubehör, Malerbedarf und Fitness-Großgeräte.

Noch wenige Stunden davor hatte Handelsriese Spar kundgetan, dass er die Diskussion für wahrlich verfehlt, ja sogar gefährlich halte. Man arbeite unter massiv erschwerten Bedingungen, halte unter Aufbietung aller Kräfte und hohen Eigeninvestitionen die Nahversorgung aufrecht.

Dürfe der Lebensmittelhandel das bei ihm übliche Non-Food-Sortiment nicht mehr verkaufen, hätte das massive negative Folgen, lauteten die Argumente der Gegner von Produktbeschränkungen. So würden beispielsweise noch viele weitere heimische Arbeitsplätze verloren gehen, vor allem bei heimischen Lieferanten.

Wobei die Interessen durchaus unterschiedlich gelagert sind. Während die einen die zu erwartenden Diskussionen mit den Konsumenten scheuen, hatten andere wenig Freude, mit der Aussicht auf zusätzlichen Aufwand für das Personal, das etwa optische Absperrungen anbringen müsste, wie befürchtet worden ist. Wie man das nun genau umsetzen wird, ist noch offen.

Solidaritätsakt

Am Freitag sprachen die Händler von einem "Solidaritätsakt". Man wolle keinesfalls die Notlage von vielen Non-Food-Geschäften ausnutzen, so Rewe, Spar, Hofer, Lidl und Metro in einem gemeinsamen Statement. Mit der paktierten Lösung könne man jedenfalls leben, sagt Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Auch Peter Buchmüller zeigt sich soweit zufrieden. "Es ist ein tragbarer Kompromiss herausgekommen."

Auch wenn er sich gewünscht hätte, dass man schon zwei Tage früher mit der Umsetzung beginne. Auch einige andere Forderungen, die von unterschiedlicher Seite kamen, wurden nicht durchgesetzt: etwa, dass Blumenerde und anderer Bedarf für Heimgärtner oder auch Spielwaren nicht in den Supermärkten verkauft werden.

Ein weiteres Thema ist ebenfalls noch nicht gelöst. So mancher Händler würde gerne seinen Kunden die auf verschiedenen Kanälen erworbene Ware einfach zur Abholung bereitstellen. Derzeit ist das nicht zulässig. Buchmüller erhofft sich in dieser Frage noch vor Ostern eine Lösung. (Andreas Schnauder, Regina Bruckner, 3.4.2020)