Die Regierung stellt sich den "Nationalen Schulterschluss" offenbar ziemlich angenehm vor: Die Ministerien legen dem Parlament Gesetze vor, dort werden sie von allen Parteien abgenickt. Die Politik hat zwar lange Zeit Einigkeit bewiesen, alle folgten dem Krisenmanager Sebastian Kurz. Aber auf Dauer funktioniert das so nicht. Wer nimmt, muss auch etwas geben. Das beachten die Koalitionsparteien zurzeit aber nicht.

Von einigen Ansagen wurden die Oppositionsparteien überrumpelt: So erfuhr FPÖ-Chef Norbert Hofer aus den Medien von der geplanten Maskenpflicht in Supermärkten. Die Neos wussten am Donnerstag nicht, worauf einige Passagen im neuen Corona-Sammelgesetz hinauslaufen.

Vizekanzler Werner Kogler und Bundeskanzler Sebastian Kurz bei einer Sitzung des Nationalrates zum 3. Corona-Gesetzespaket.
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Allein die Bündelung der Maßnahmen in solchen Sammelgesetzen ist problematisch, erlaubt sie den Abgeordneten kein differenziertes Abstimmungsverhalten. Außerdem wurde bisher kein einziger Antrag der Oppositionsparteien angenommen – zumindest formell. Tatsächlich wurden einige Ideen von SPÖ, FPÖ und Neos mit einiger Verzögerung als Regierungsinitiativen präsentiert. Das bestärkt das Gefühl, dass ÖVP und Grüne den anderen Parteien nicht gönnen, auch mit guten Ideen in der Krise zu punkten.

Das ist kleingeistig: Jede Partei kann etwas beitragen, vor allem SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ist eine ausgewiesene medizinische Expertin. In der Krise wäre es fahrlässig, auch nur einen einzigen sinnvollen Vorschlag abzulehnen, nur weil dessen Urheber nicht aus der richtigen Partei stammt.

Das heißt natürlich nicht, dass jetzt eine Einheitsregierung kommen sollte oder dass Konsens wichtiger als ein rasches Handeln sei. Aber von einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Opposition und Regierung ist Österreich derzeit weit entfernt. Hier ein Stück näher zusammenzurücken ist dringend geboten. (Fabian Schmid, 3.4.2020)