Geschlossene Lokale werden das Bild noch länger prägen.

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Österreich macht sich Hoffnung auf eine Normalisierung, doch der Weg dürfte ein langer werden. Wenn die Regierung am Montag erste Lockerungsschritte für die Unternehmen präsentieren wird, dürfte die Ampel für viele Betriebe vorerst auf Rot stehenbleiben. Harald Mahrer sprach am Sonntag von kleinen Fachgeschäften, die – so seine Hoffnung – im April aufsperren dürfen.

Möglicherweise könne man zur Abgrenzung die Regelung bei der Schutzmaskenpflicht ins Treffen führen, die ab 400 Quadratmetern gilt. Eine weitere Reglementierung könnte ein Limit der Kundenanzahl pro Fläche sein. Dazu kämen weitere Auflagen wie Schutzmaskenpflicht und Hygienevorschriften, sagte Mahrer. Tracking-Lösungen, wie beispielsweise die Rote-Kreuz-App, befürwortet der Wirtschaftskammer-Chef, zeigt sich aber betreffend einer verpflichtenden Anwendung skeptisch.

Offene Details

Doch selbst bei dieser Unterteilung nach Größe der Geschäfte müssen noch viele Details geklärt werden. Zählen Lager oder Werkstatt dazu, oder geht es nur um die Verkaufsfläche, lautet beispielsweise eine offene Frage. Die Grenze zwischen klein und groß lässt sich in der Praxis nur schwer ziehen.

Warum etwa ein Händler, der drei Standorte in drei Städten betreibe einem Konkurrenten vorgezogen werde, der 30 kleine Filialen in 30 Städten führe, lasse sich keinem plausibel erklären, geben Martktkenner zu bedenken, die in der Regelung ein neues rechtliches Minenfeld ausmachen. Zumal auch die harten Konflikte rund um den Verkauf von Non-Food-Produkten der Lebensmittelketten noch lange nicht ausgestanden sind.

Ab Karsamstag wollen sich Hofer, Lidl, Spar, Rewe und Metro mit Produkten wie Räder, Kleinmöbel, Fernseher und Waschmaschinen im Verkauf zurüchhalten, ließen sie jüngst wissen. Der späte Zeitpunkt der Selbstbeschränkung sorgt unter jenen Betrieben, die seit Wochen geschlossen halten müssen, jedoch für wenig Verständnis. Nach Ostern sehe die Welt schon anders aus, der Akt der Solidarität könnte sich erübrigen, so der grimmige Tenor.

Schrittweise Lockerung

Jedenfalls dürfte es dem kleinen Elektrohändler, Spielwarengeschäften oder dem Schuster irgendwann nach Ostern erlaubt sein, den Rollbalken hochzuziehen. Aus Regierungskreisen ist zu hören, dass der erste Schritt in Richtung Revitalisierung am 14. April gesetzt werden könnte.

Mahrer hofft auf ein rot-weiß-rotes Comeback.
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Der zweite Schritt soll dann größere Geschäfte umfassen. Unternehmen und Freiberufler mit stärkerem Körperkontakt – vom Friseur bis zum Nagelstudio – werden laut Mahrer erst in einer dritten Phase von der Lockerung betroffen sein. Noch nicht absehbar scheint die Frage zu sein, zu welcher Gruppe die Gastronomie zählt. Jedenfalls dürfte es auch hier zu Übergangslösungen mit gestaffelten Öffnungszeiten, größeren Tischabständen und dergleichen kommen. "Es wird nicht sofort von null auf 100 gehen", erklärte Mahrer.

"Keine chaotischen Regeln"

Rainer Will, Chef des Handelsverbands, fordert für alle Sparten einen geordneten und transparenten Plan darüber, welche gesundheitsbehördlichen Spielregeln bei Abflachung der Infektionskurve eingehalten werden müssen, um wieder aufsperren zu dürfen. Der Handel brauche Planungssicherheit direkt vom Regulator, keine widersprüchlichen und chaotischen Regeln, an denen sich Konflikte innerhalb der Branche entzündeten, sagt er.

Auch kleine Betriebe müssten sich darauf vorbereiten können, welchen Abstand Kunden einzuhalten hätten, welche Sicherheitsvorkehrungen an den Kassen geschaffen werden müssten, wie das Thema Schutzmasken zu handhaben sei.

Will appelliert daran, das sogenannte Click-und-Collect-Modell zuzulassen: Kunden bestellen dabei online und holen die Ware in den Geschäften ab. Was die Masken betrifft, so sieht er vor allem auf kleinere Betriebe große Herausforderungen zukommen. Übernimmt nicht der Staat die Kosten dafür, bedürfe es künftig verordnete Selbstkosten, die Konsument verrechnet werden können. Für den Handel werde die finanzielle Last sonst zu hoch. Eine Maske kostet zwischen 50 Cent und einem Euro, der Weltmarktpreis dafür steigt.

Bei Hilfen gut unterwegs

Über die von der Regierung in Aussicht gestellten Hilfen äußerte sich der Kammerchef sehr positiv. Es handle sich insgesamt um eines der umfassendsten Pakete in Europa. Nun stellte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) eine neuerliche Verbesserung in Aussicht: Bei Krediten bis zu 800.000 Euro kann die staatliche Absicherung sogar über die ansonsten möglichen 90 Prozent hinausgehen und 100 Prozent ausmachen. In Kombination mit den in Mahrers Augen funktionierenden Maßnahmen zum Gesundheitsschutz rechnet dieser damit, dass Österreich rascher aus der Krise komme, und folglich mit einem "rot-weiß-roten Comeback".

Mahrer verteidigte auch die Regelung, stark in Mitleidenschaft gezogenen Betrieben maximal 75 Prozent der Fixkosten (ohne Lohnkosten) durch den Staat zu ersetzen. Die absolute Obergrenze für die Entschädigung beläuft sich auf 90 Millionen Euro. Nach der früheren Kompensationsregelung im vom Gesetzgeber ausgehebelten Epidemiegesetz wäre der volle Verdienstentgang abgegolten worden. Man müsse das in Zusammenhang mit der Unterstützung für Kurzarbeit und Liquiditätssicherung betrachten, betonte Mahrer. (Andreas Schnauder, Verena Kainrath 5.4.2020)