Auch Betongold glänzt gülden. Aber auch der Immobilienmarkt steht und fällt mit der Dauer der Corona-Krise: je kürzer, desto weniger tektonische Verschiebungen.
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Ob als Eigenheim oder als Anlageobjekt – auf das richtige Pferd gesetzt haben jene, die in den vergangenen zwölf Jahren Wohneigentum gekauft haben. Seit der Finanzkrise ging es mit Kaufpreisen und Mieten fast nur aufwärts. Allerdings könnten die durch die Coronavirus-Krise lahmgelegten Volkswirtschaften so für etliche Branchen zu einem Gamechanger werden. Wird der Party am Immobilienmarkt ein jähes Ende bereitet? Zumal an den Börsen zuletzt auch die Aktien von Immobilienkonzernen bleischwer geworden sind.

Die besten Jahre dürften vorbei sein, aber Experten geben Entwarnung. Sie halten Befürchtungen, dass am Immobilienmarkt kein Stein auf dem anderen bleiben werde, für übertrieben. Ungeschoren werde aber auch das Betongold nicht durch die Krise kommen. Denn es zeigt sich: Makler führen Besichtigungen virtuell mittels Videotelefonie durch, die Bautätigkeit wird vorübergehend eingestellt, und die Angebote auf Immobilienportalen gehen zurück. Außerdem heißt es für Airbnb-Wohnungen: Rien ne va plus – sie stehen leer.

Aufholeffekte möglich

Welche Spuren wird die Corona-Krise hinterlassen? Wifo-Ökonom Michael Klien legt seiner Erwartung die Annahme zugrunde, dass die Maßnahmen der Regierung im Mai und Juni schrittweise gelockert werden. "Vor diesem Hintergrund wäre der Markt für Wohnimmobilien ein Bereich, der nur schwach betroffen ist." Dauerten die Einschränkungen nur zwei oder drei Monate, seien Aufholeffekte relativ leicht realisierbar. "Die Transaktionen werden in Wirklichkeit nur verschoben", erklärt Klien. Preisrückgänge bei Wohnimmobilien sieht er daher nicht, eher eine Abkühlung des Marktes, die er aber auch ohne Corona-Krise erwartet hätte.

Haushaltseinkommen stabil halten

Auch bei den Mieten geht der Ökonom nicht von tektonischen Verschiebungen aus, selbst wenn die Arbeitslosigkeit deutlich zunehmen sollte, denn: "Bei der Miete spart man nicht zuerst." Zudem versuche die Regierung, mit Maßnahmen wie Kurzarbeit die Einkommen der Haushalte zu erhalten. Was aber sogar zu einer Entspannung im Sinne eines höheren Angebots am Mietmarkt beitragen könnte, ist die Zukunft vieler Airbnb-Wohnungen.

"Die leiden extrem", sagt Vorstand Johannes Endl vom Immobilien-Dienstleister Örag. Die Zahl der Airbnb-Wohnungen sei bereits vor der Krise wegen des politischen Gegenwinds auf nunmehr "einige Tausend" in Wien gesunken. Die Flaute aufgrund der Pandemie dürfte weitere Eigentümer dazu bringen, die Wohnungen klassisch zu vermieten. Das bringe weniger Einnahmen, aber mehr Sicherheit, erklärt Endl und erinnert: "Rendite und Risiko sind Geschwister."

Noch kein Airbnb-Effekt

Noch ist von einem "Airbnb-Effekt" am Markt allerdings nichts zu merken. "Es gibt aktuell weniger Angebot im Markt", sagt Markus Dejmek, Geschäftsführer von Immoscout 24. Auf der Plattform würden in Wien verglichen mit vor der Krise neun Prozent weniger Mietobjekte angeboten, österreichweit betrage das Minus zwei Prozent. Zum Kauf würden um sieben Prozent weniger Objekte offeriert. Dejmek zufolge gibt es beim Preis noch keine Änderungen, dafür sei es zu früh, erst wenn die Spitze der Krise überwunden sei, gebe es mehr Klarheit. "Dann wird man sehen, was wirklich Sache ist."

Davon hat Örag-Vorstand Endl bereits eine klare Vorstellung: Nach einer Rezession werde es rasch zur Erholung im zweiten Halbjahr kommen. Für Betongold seien die Rahmenbedingungen dann wieder intakt. Es sei genug Geld vorhanden, vermögende Personen würden sichere Anlagen suchen. "Ich sehe keinen Grund, warum es zu einem Preisverfall kommen sollte", betont Endl. Zumal die zwei langfristigen Preistreiber bei Wohnimmobilien aus seiner Sicht weiterhin intakt bleiben werden: nämlich einerseits die extrem tiefen Zinsen sowie auf der anderen Seite der Megatrend Urbanisierung, der in Ballungszentren den Wohnraum begrenzt.

Immo-Kurse abgestürzt

Aber wieso sind die Aktien von Immobilienkonzernen so stark abgestürzt, wenn keine Probleme in Sicht sind? Dazu müsse man die Portfolios dieser Firmen genauer betrachten, erklärt der Aktienanalyst Christoph Schultes von der Erste Group. Jene mit dem höchsten Anteil an Wohnimmobilien seien am wenigsten betroffen, jene mit Fokus auf das Hotelgeschäft und Einzelhandelsimmobilien im Gegensatz am stärksten. "Die Investoren gehen davon aus, dass es keine großen Auswirkungen auf Wohnimmobilien und Mieten geben wird", folgert Schultes. (Alexander Hahn, 6.4.2020)