2.000 Ex-Zivis meldeten sich für ersten April zum erneuten Einsatz während der Corona-Krise. Manche wissen noch nicht, ob und wo sie gebraucht werden.

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Als der Staat um Hilfe bat, zögerte Christian* nicht lange. Ehemalige Zivildiener seien dringend gesucht, vor allem im Gesundheits- und Betreuungswesen brauche es jede helfende Hand, urgierte die Regierung vor rund drei Wochen. Zivildienstministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) stellte in Aussicht, dass der freiwillige Zivildienst eine Belohnung, jedenfalls aber keine Nachteile zur Folge haben solle.

Christian hat erst vergangenes Jahr seinen regulären Zivildienst beim Samariterbund absolviert, die Arbeit als Hygienebeauftragter und Sanitäter bereitete ihm Freude. "Als ich gehört habe, wie wichtig in der Corona-Krise zusätzliches Personal ist, habe ich mich sofort gemeldet", erklärt der 20-jährige Zimmererlehrling. Dass er dadurch seine Lehrstelle verlieren würde, war ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. "Ich habe gedacht, dass ich meine Ausbildung unterbrechen kann, finanziell wäre ich in der Zeit des Zivildienstes ja sogar eine Entlastung für meinen Betrieb gewesen, weil mich der Staat bezahlt."

Auch seitens der Wirtschaftskammer wurde ihm die Möglichkeit einer Unterbrechung der Lehre bestätigt, die Zeit in der Berufsschule könne er im Herbst nachholen. Für den Lehrherren zählten diese Argumente allerdings nicht: Er drängte auf Christians Verbleib, andernfalls werde er das Lehrverhältnis auflösen, zumal die Probezeit noch laufe. Diese Konsequenz wollte der junge Mann dann doch nicht in Kauf nehmen, er erwog einen Rückzieher von seiner freiwilligen Meldung.

Bescheid für Zivildienst

In der Zwischenzeit war die Zivildienstserviceagentur allerdings nicht untätig und hatte Christian bereits im Schnellverfahren einen Bescheid zugestellt, wonach sein außerordentlicher Zivildienst mit Anfang April beginnen solle. Ob man das noch rückgängig machen könne, wollte Christian von der Behörde wissen, immerhin habe sein Dienst noch gar nicht begonnen. Vorläufige Antwort vergangene Woche: Nein, sonst drohe ihm eine Anzeige und wohl eine Geldstrafe. "Sobald der Bescheid zugestellt wird, entfaltet er Rechtswirkung – genauso wie beim ordentlichen Zivildienst", heißt es dazu aus der Zivildienstserviceagentur. (Ergänzung mit neueren Informationen hierzu unterhalb des Artikels).

Lehre oder Strafe

Der Lehrling fand sich plötzlich in einem Dilemma wieder: die Lehre behalten, aber sich ein juristisches Nachspiel einhandeln? Oder zum Zivildienst gehen, aber die Stelle verlieren? Der Lehrherr nahm ihm die Entscheidung ab und löste sogleich das Lehrverhältnis auf. Im Normalfall gilt für Arbeitnehmer, die zum Wehr- oder Zivildienst einberufen werden, der Kündigungsschutz des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes – sie dürfen in der Phase nicht gekündigt werden. Bei einer Auflösung während der Probezeit einer Lehre greift dieses Gesetz allerdings nicht, wie Arbeitsrechtsexpertin Irene Holzbauer von der Arbeiterkammer dem STANDARD erörtert. Nachsatz: "Es liegt aber auf der Hand, dass das Agieren des Lehrherrn in dieser gesellschaftlichen Ausnahmesituation nicht unbedingt gerecht ist."

"Blöd gelaufen", kommentiert Christian trocken. Er ist nun einer von 2.000 jungen Männern, die das Gesundheitssystem bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie freiwillig für zwei bis drei Monate unterstützen. Danach könne er sich ja noch einmal auf die Stelle bewerben, wurde ihm von seinem nunmehrigen Ex-Lehrherrn eröffnet.

Warten auf den Einsatz

Bei der Zuteilung der am 1. April angetretenen Sonder-Zivis zu geeigneten Stellen dürfte keine allzu große Eile bestehen, wie von mehreren Seiten zu hören ist. Auch entsprechende Einschulungen lassen mancherorts noch auf sich warten. "Aktuell können wir Sie trotz Bemühungen leider keinem Bedarfsträger in Wien zuweisen", heißt es etwa in einem dem STANDARD vorliegenden Schreiben des Roten Kreuzes, das von der Regierung mit der Vermittlung der Arbeitskräfte an die Einrichtungen betraut wurde. Der Bedarf könne sich aber schnell ändern, daher solle man sich jederzeit bereithalten. (Theo Anders, 6.4.2020)