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Die Stadt Linz ist schöner als ihr Ruf.

Foto: Getty images/saiko3p

Ich komme aus dem Paris Österreichs. Diese Antwort auf die Frage nach meiner Herkunft hat beim Gegenüber meist Stirnrunzeln und verwirrte Blicke zur Folge. Die Auflösung ändert daran wenig. Denn was hat Linz – oder wie ich frankofon angehaucht zu sagen pflege: Lince – denn bitte mit Paris gemein?

Dieselbe Frage stellte ich mir über Bukarest bei einem Aufenthalt im sogenannten "Paris des Ostens". Und wieso Tromso in Norwegen im 19. Jahrhundert den Beinamen "Paris des Nordens" erhielt, weiß man heute auch nicht mehr so genau. Also warum sollte nicht auch Österreich sein Paris bekommen?

Bösen Zungen, die einwerfen, Linz gleiche maximal der Banlieue, möchte ich entgegnen: Mais non! Die Stadt ist schöner als ihr Ruf. Obwohl für mich schon in meiner Jugend klar war, dass ich aus Linz weggehen werde, und mir Lokalpatriotismus immer fremd war, stehe ich meiner Heimatstadt zur Seite, wenn sie jemand als hässliche Industriestadt verunglimpft.

Parallelen zur französischen Hauptstadt

Bukarest und Tromso verpassen sich Image-wirksam einen französischen Anstrich. Da vermag es wohl auch Linz, mit ein paar Vergleichen zu Paris, den einen oder anderen Skeptiker zu bekehren. Wie sich der Pöstlingberg sanft über die Stadt erhebt und auf seinem Gipfel eine Wallfahrtskirche thront! Da kann Linz locker mit dem Montmartre in Paris mithalten.

Wer zeitgenössische Kunst eingebettet in ikonischer Architektur sucht, wird beim Pariser Centre Pompidou fündig – aber genauso gut beim Lentos in Linz. Ein Stück weiter befindet sich die Landstraße, jene Shoppingmeile, wo sich wohl auch schicke Pariser einkleiden würden, lebten sie denn in Linz.

Und beim Betrachten der gotischen Architektur des Linzer Mariendoms mit seinen filigranen Ornamenten und Fensterrosetten könnte man meinen, vor der Pariser Notre-Dame zu stehen. Diese Liste ließe sich noch ewig weiterführen, bien sûr.

Nichtsdestotrotz zog es mich vor 13 Jahren in die "große Stadt": nach Wien, wo es mir so gut gefällt, dass ich nur noch selten – und zurzeit gar nicht – ins Paris Österreichs fahre. Zum Schluss sei angemerkt, dass natürlich auch Wien gewisse Vergleiche mit Paris zulässt – zum Beispiel die charmante Unfreundlichkeit der Hauptstädter. (Michael Steingruber, RONDO, 10.4.2020)