Die Debatte über eine Vermögenssteuer wird wieder aufkeimen, wenn der Zeitpunkt kommt, die Kosten der Krise zu verteilen.

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Die Besteuerung von Vermögen ist eine immer wieder aufkeimende Debatte. Eine Vermögenssteuer auf EU-Ebene gibt es (noch) nicht. Spätestens wenn der erste Corona-Schock überwunden ist, wird man sich dieser Idee wieder annähern.

Die globalisierungskritische Nichtregierungsorganisation Attac forderte nun eine Reichensteuer, um die Kosten der Corona-Krise auszugleichen. Milliardäre sollten bis zu 60 Prozent ihres Vermögen abgeben, um die Folgen der Krise mitzutragen. Konkret fordert Attac einen "einmaligen Lastenausgleich", gestaffelt nach Vermögen.

Einmaliger Lastenausgleich

Besitzer eines Vermögens ab fünf Millionen Euro sollten demnach mit zehn Prozent einmalig einen Beitrag leisten. Vermögen ab 100 Milionen Euro sollen gemäß dem Vorschlag der NGO um 30 Prozent gekappt werden, und Vermögen ab einer Milliarde Euro sollen einmalig 60 Prozent abgeben. Wer also zehn Millionen Euro sein Eigen nennen kann, müsste einmalig 500.000 Euro abführen. Für ein Vermögen von fünf Milliarden Euro wären einmalig 2,68 Milliarden Euro abzuliefern – der effektive Steuersatz würde also knapp 54 Prozent betragen. Bezahlt werden soll das in fünf jährlichen Raten. Betriebsvermögen soll gesondert behandelt werden, um Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Vermögen unter fünf Millionen Euro wären steuerfrei.

Mit dieser Vorgehensweise könnten in Österreich laut Attac-Berechnungen rund 70 bis 80 Milliarden Euro eingenommen werden. Zum Vergleich: Um die österreichische Wirtschaft zu retten, hat die Bundesregierung bisher 38 Milliarden Euro in die Hand genommen.

Radikal, aber erfolgreiche Vorbilder

"Der Attac-Vorschlag mag auf den ersten Blick radikal erscheinen", räumt die Organisation in der Aussendung selbst ein. Sie verweist aber auf "erfolgreiche Vorbilder". Dazu zähle der deutsche Lastenausgleich von 1949 – eine 50-prozentige Abgabe auf den Vermögensbestand des Jahres 1948. Auch Japan habe nach dem Zweiten Weltkrieg 1946 bis 1947 eine Sonderabgabe von 90 Prozent für die größten Vermögen eingeführt.

"Die beste Option für den Ausgleich ist eine internationale oder EU-weite Einführung. Bis es so weit ist, soll Österreich als Vorbild vorangehen", sagt Mario Taschwer von Attac Österreich. Die Idee des Lastenausgleichs werde von mehreren Ökonomen unterstützt – etwa vom früheren Weltbank-Direktor Kurt Bayer und vom Oxford-Professor Maximilian Kasy.

Kogler für Erbschaftssteuer

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) fordert zur "gerechten Krisenfinanzierung" eine Erbschafts- und Schenkungssteuer. "Ich bin für einen rigorosen Beitrag von Millionen- und Milliardenerben", sagte Kogler der "Tiroler Tageszeitung". Immer, wenn es in Millionenhöhe zu Erbschaften oder Schenkungssteuern kommt, sollte laut Kogler auch eine Steuer eingehoben werden. "Ich hoffe schon, dass der Corona-Schock hier in Österreich zu einem Umdenken führen wird", so der Vizekanzler. Große Vermögensübertragungen zu besteuern sei vernünftig, schade dem Wirtschaftswachstum nicht, "und es ist ein Beitrag zur gerechten Krisenfinanzierung".

Rendi-Wagner: "Wichtige Maßnahme"

Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wanger schlägt in diese Kerbe: "Ja, selbstverständlich ist eine Millionärssteuer eine wichtige Maßnahme zum gemeinsamen Wiederaufbau nach der Krise", sagt sie in einem Interview mit dem "Falter". Man werden in Österreich über das Thema Verteilungsgerechtigkeit diskutieren müssen. Fragen müsse man laut Rendi-Wanger auch, was der Beitrag der großen Internet-Online-Konzerne sein kann, die von der Krise profitieren und bisher so gut wie keine Steuern zahlen. Auch die Banken, die 2008 und 2009 sehr viel öffentliches Geld bekommen haben, sollen ihren Beitrag leisten. Es gelte jetzt, "offen ansprechen, wer jetzt die wahren Leistungsträger sind: die Pflegerinnen, die Angestellten der Post, die Lkw-Fahrer oder die Mitarbeiter in den Supermärkten halten das Land am Laufen", so Rendi-Wagner. Sie alle hätten bisher nicht die Anerkennung und Wertschätzung und auch die Bezahlung bekommen, die ihnen eigentlich gebührt. Daher "müssen wir eine neue Gerechtigkeitsdebatte führen, und zwar ohne Tabus", so die SPÖ-Chefin.

KPÖ: Einmalige Corona-Steuer

Für eine einmalige Corona-Steuer für Multi-Millionäre spricht sich die KPÖ aus, um soziale Krise abzuwenden. Soziale Sofortmaßnahmen sind ein Gebot der Stunde, heißt es. Die Arbeitslosigkeit steigt auf ein Niveau, das seit Ende des Zweiten Weltkriegs unerreicht ist. Hunderttausende Menschen sind in Kurzarbeit und haben mit Lohneinbußen zu rechnen. Es sind viele Milliarden, die die Bundesregierung derzeit ausgibt, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Die soziale Krise vertieft sich dennoch immer weiter. Um substanziell gegenzusteuern, schlägt die KPÖ Steiermark eine einmalige Corona-Solidaritätssteuer für Vermögen über drei Millionen Euro vor. Das würde nur zwei Prozent der Bevölkerung betreffen. Es würde aber die Einrichtung eines Fonds für soziale Sofortmaßnahmen ermöglichen und die drastischen Folgen der explodierenden Arbeitslosigkeit und der geschlossenen Geschäfte vieler Kleingewerbetreibender abmildern, heißt es bei der KPÖ.

ÖVP reagiert mit Ablehnung

Die ÖVP hat auf die Forderung von Vizekanzler Kogler nach einer "gerechten Krisenfinanzierung" durch die Besteuerung von "Millionen- und Milliarden-Erben" verschnupft reagiert. "Für das wirtschaftliche Comeback Österreichs nach der Krise benötigt es einen noch nie da gewesenen nationalen Kraftakt und nicht irgendeine Einzelmaßnahme", hieß es aus ÖVP. In dieser Ausnahmesituation brauche es "in der Regierung Zusammenhalt, das Einhalten von grundsätzlichen Vereinbarungen und keinen Streit, um Österreich mit aller Kraft gut durch die Krise zu führen".

Freiheitliche Wirtschaft: Steuern gefährden wirtschaftlichen Aufbruch

Österreichs Wirtschaft und Unternehmen haben eine der höchsten prozentuellen Abgaben- und Steuerquoten und das wird sich auch nach Corona nicht ändern, teilt die Freiheitliche Wirtschaft zur aktuellen Debatte rund um Vermögenssteuern mit. In keinem der bekannten Hilfspakete komme das Wort Steuererlass oder Senkung vor. Mit dem Shutdown der Wirtschaft war klar, dass sich das negativ auf die künftigen Steuereinnahmen auswirken wird. Die Forderung nach Wiedereinführung der Erbschaftssteuer bzw. sonstigen Vermögenssteuern zum Stopfen des Budgetloches ist eine klare Absage zu erteilen. "Statt weiteren Steuern braucht es Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur und damit verbunden die Senkung der Mehrwertsteuern und der Kosten für den Faktor Arbeit", hält der Bundesobmann der Freiheitlichen Wirtschaft (FW) und WKÖ-Vizepräsident, Matthias Krenn, den vorliegenden Steuerfantasien entgegen.

ÖGB-Chef Wolfgang Katzian betonte Ende März bereits, dass er nach der Corona-Krise eine heftige Verteilungsdebatte und viele gesellschaftliche Umwälzungen erwartet. Er sprach sich dafür aus, dass die Kosten der Krise dem "Geldbörsel" entsprechend verteilt werden. "Jene mit dem ganz großen Vermögen sollen auch einen ganz großen Beitrag leisten", sagte Katzian. (Bettina Pfluger, 8.4.2020)