Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) will nicht, dass Österreich für die Schulden anderer Länder haftet.

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Es werde keine Eurobonds geben, wiederholte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) Dienstagvormittag einmal mehr. Die Position Österreichs in der nun schon seit rund zwei Wochen schwelenden Debatte um die EU-Reaktion auf die Corona-Krise umriss der Minister so: höchstmögliche Flexibilität innerhalb der bestehenden Instrumente.

Österreichs Haltung hat sich damit nicht geändert, seit Italiens Premier Giuseppe Conte einen Beschluss der Eurogruppe hat platzen lassen, weil die Solidarität der EU-Partner seiner Ansicht nach nicht weit genug ging. Conte wollte mehr als Mittel aus dem Europäischen Rettungsschirm (ESM), um die Folgen der Corona-Krise bekämpfen zu können – nämlich gemeinsame Anleihen der Euroländer, Eurobonds.

Am Dienstagnachmittag tagte die Eurogruppe erneut – bei Redaktionsschluss für diese Ausgabe war das Treffen noch im Gange. Ein Kompromiss war im Vorfeld des Gipfels nach wie vor nicht absehbar. Denn auch die Position Italiens war am Dienstagvormittag immer noch dieselbe wie zwei Wochen zuvor. Conte beharrte vor dem italienischen Parlament nach wie vor darauf, dass die Eurogruppe gemeinsames Schuldenmachen ins Auge fassen müsse. Wenn nicht kurzfristig, dann wenigstens mittelfristig, um die Erholung von der Corona-Krise zu finanzieren.

Bewegung im Hintergrund

Zwar hat sich im Hintergrund einiges getan seit dem letzten Eurogipfel. Frankreich und Deutschland haben die Linien eines möglichen Kompromisses vorgezeichnet. Dieser sieht Gelder aus drei Töpfen vor, das Gesamtvolumen beläuft sich auf eine halbe Billion Euro. Allerdings sind sich die beiden größten Volkswirtschaften der Eurozone uneins darin, ob es nun gemeinsame Schulden geben soll oder nicht. Frankreich beharrt auf einem Sonderfonds, der gemeinsam für den Wiederaufbau Europas befüllt werden soll. Deutschland ist dagegen.

Worauf sich Paris und Berlin verständigen konnten: Euroländer sollen sich vom ESM Geld leihen können. Unter welchen Konditionen, würde beim Eurogipfel verhandelt, sagte Blümel am Dienstagvormittag. Der Rettungsschirm war im Zuge der Eurokrise eingeführt worden, Griechenland musste harte Strukturmaßnahmen umsetzen, um die Mittel zu beziehen. Wahrscheinlich ist, dass es im Zuge der Corona-Krise so gut wie keine Auflagen für die Verwendung von ESM-Mitteln geben wird. Italien hatte immer wieder betont, dass die Corona-Pandemie alle Euroländer betreffe und es unfair sei, wenn ESM-Mittel für höher verschuldete Länder an Strukturreformen geknüpft würden.

Der Eurorettungsschirm ist 240 Milliarden Euro schwer. Der zweite Eckpunkt, den die französisch-deutsche Initiative vorsieht, setzt weitere 200 Milliarden darauf. Die Europäische Investitionsbank (EIB) soll Unternehmen mit Krediten helfen, um durch die Krise zu kommen. Drittens hat EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen angekündigt, Kurzarbeit in den Mitgliedsstaaten mit insgesamt 100 Milliarden Euro zu unterstützen. Dazu kommt außerdem, dass die Europäische Zentralbank (EZB) angekündigt hat, massenhaft Staatsanleihen zu kaufen, um die Euroländer im Kampf gegen das Virus mit Liquidität zu versorgen.

Spielraum für Kompromiss

Dass der vorgezeichnete Kompromiss an der Frage der Eurobonds scheitert, ist möglich. Auch, weil Italien nach wie vor skeptisch gegenüber einem ESM-Einsatz ist. Aber es muss nicht sein. Denn dass massenhaft Geld frei gemacht werden soll, darüber herrscht Einigkeit. Dass Haftungen für andere Staaten übernommen werden sollen, auch – für ESM-Gelder haften die Euroländer gemeinsam.

Ob Eurobonds vor diesem Hintergrund Zustimmung finden, hängt davon ab, wie man sie definiert. Finanzminister Blümel etwa sprach sich kategorisch gegen "echte" Eurobonds aus. Was aus österreichischer Sicht demnach unter keinen Umständen geht: wenn letztlich ein Euroland zahlen muss, wenn ein anderes seine Schulden nicht mehr begleichen kann. Gemeinsame Anleihen, die zeitlich befristet und durch Garantien abgesichert seien, seien unter Umständen denkbar, signalisierte Blümel Kompromissbereitschaft.

Letztlich gehe es nicht darum, so vernimmt man, ob die vierte Säule im Kompromiss verankert wird – sondern wie. Frankreich will den Sonderfonds. Italien will ein ausdrückliches Commitment für gemeinsame Anleihen. Deutschland sei bereit, diese zu prüfen. Es gibt ein bisschen Spielraum. (Aloysius Widmann, 7.4.2020)