Bundesmuseen wie das Kunsthistorische Museum in Wien haben hunderte Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, weitere werden folgen.

Foto: EPA/Bruna

"Die Kurzarbeit ist das prädestinierte Instrument für die Phase, in der sich die Wirtschaft gerade befindet. Die Corona-Krise ist zeitlich absehbar und verursacht eine vorübergehende Einschränkung der Nachfrage – und Kurzarbeit erlaubt den Geschäfte und Unternehmen die Zeit bis zum Aufsperren durchzutauchen." Zu dieser Diagnose des von der Regierung auf drei Milliarden Euro ausgeweiteten Kurzarbeit-Modells kommt der Arbeitsmarktexperte des Wifo, Helmut Mahringer. Der Vorteil liege eben darin, dass die Arbeitgeber ihren Betrieb fiktiv aufrechterhalten könnten, die Beschäftigten nicht kündigen müssten und sie dann an der Hand haben, wenn der Wirtschaftsmotor wieder anspringt.

In Österreich wird das auf bis zu drei Monate angelegte Modell stark angenommen. Rund 400.000 Beschäftigte aus rund 23.000 Unternehmen sind in Kurzarbeit, die Palette der Unternehmen reicht vom Friseurladen, über die Arztpraxis (für die Ordinationshilfe) bis zu Großunternehmen wie der Fluglinie AUA, die fast alle rund 7000 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt hat.

Kurzarbeit nach der Finanzkrise

Das war nach der Finanzkrise, 2009, anders. Damals, als die Wirtschaft um 3,9 Prozent einbrach, ließen vor allem große Industriebetriebe wie Autozulieferer oder Maschinenbauer kurzarbeiten. Der Höchststand war Mitte 2009 mit 38.000 Kurzarbeitern erreicht, im Schnitt gab es 2009 rund 26.000 "Förderfälle", die Arbeitszeit war durchschnittlich um 26 Prozent reduziert.

Und was hat das für die Sicherung der Beschäftigung gebracht? Laut einer Studie der Nationalbank aus dem Jahr 2011 lag der Beschäftigungseffekt bei rund 6800 Jobs – das heißt, so viele Arbeitslose hat man sich erspart.

Zugang erweitert

Für die jetzige Krise hat die türkis-grüne Regierung den Zugang zum Modell weit aufgemacht, die Beschäftigten bekommen zudem mehr Einkommen vom Staat ersetzt (bis zu 90 Prozent) als nach der Finanzkrise, als man das Arbeitslosenentgelt erhielt. Vor allem können nun auch öffentliche Wirtschaftsbetriebe und Institutionen ihre Leute kurzarbeiten lassen, sofern sie nicht zu 100 Prozent von der öffentlichen Hand gefördert werden. Verwehrt ist das Modell nur Bund, Ländern, Gemeinden, juristische Personen öffentlichen Rechts und politischen Parteien.

Die Institutionen bzw. öffentlichkeitsnahe Unternehmen nehmen das auch in Anspruch. Ob, wie gestern bekannt wurde, Postbus, ob Burgtheater, die meisten Bundesmuseen oder ORF, der eine gebührenfinanzierte öffentlichrechtliche Anstalt ist: Sie alle schicken ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit.

Ausnahmemuseen

Die Museen bekommen seit ihrer Ausgliederung 1999 eine Basisabgeltung vom Staat, dazu kommen diverse Einnahmen aus dem Betrieb, die je nach Institution unterschiedlich hoch sind (Eigendeckung) . "Eigentlich wäre uns keine Kurzarbeit zugestanden, aber die Direktoren haben in Zusammenarbeit mit Kunststaatssekretärin Ulrike Lunacek eine Lösung gefunden", sagt die Sprecherin des Kunsthistorischen Museums (KHM), Nina Auinger-Sutterlüty. KHM-Chefin Sabine Haag hatte Ende März, nach der Vereinbarung der Bundesmuseen, von einem "Kraftakt" gesprochen.

Das KHM etwa bekommt im Jahr 24 Mio. Basisabgeltung vom Staat, hat rund 46 Prozent Eigendeckung, die Basisabgeltung (deren Erhöhung die Museen seit langem monieren) reiche gerade für die Personalkosten. Jetzt seien die Einnahmen zu hundert Prozent weg, rund 390 Mitarbeiter in Kurzarbeit, schildert die KHM-Sprecherin. Im Belvedere sind es 200, im Mumok 100, in der Albertina rund 190, im Technischen Museum 132 Mitarbeiter, das Museum für Angewandte Kunst hat bis Mitte April Betriebsurlaub.

Auch Naturhistorisches folgt

Nur das Naturhistorische Museum (25 Prozent Eigendeckung) hat noch keine Kurzarbeit angemeldet. Die 350 Mitarbeiter bauen Urlaube und Zeitausgleich ab, sagt Vizedirektor Herbert Kritscher." Die Wissenschafter und andere Beschäftigte arbeiten weiter, die leben ja im Museum", erklärt er. Allerdings werde man für 100 bis 120 Leute, die in erster Linie für die Besucher zuständig sind oder fürs Präparieren demnächst doch Kurzarbeit anmelden müssen, so Kritscher.

Karin Skarek, die wirtschaftliche Geschäftsführerin des Technischen Museums, das 60 Prozent seiner Mitarbeiter kurzarbeiten lässt und ein Viertel seines Budgets durch eigene Einnahmen lukriert, sieht zur Kurzarbeit keine Alternative: Es bliebe ihr rechtlich nichts anderes übrig, "die Wand kommt mangels Einnahmen immer näher". Und was wäre, wenn der Staat einfach die verlorenen Einnahmen ersetzen würde? "Beim jetzt gewählten Weg fühle ich mich eigenverantwortlicher", antwortet die Museumsmanagerin.

Linke Tasche, rechte Tasche?

Aber ist in all diesen Fällen der Umweg über die staatlich geförderte Kurzarbeit tatsächlich nötig? Anträge und Administration müssen vom Arbeitsmarktservice administriert werden muss und bedeuten enorm viel Aufwand, für jeden einzelnen Beschäftigten gibt es Berechnungen. Und bedeutet die staatliche Förderung nicht einen Geldtransfer von der linker Tasche des Steuerzahlers in die rechte?

Wifo-Arbeitsmarktexperte Mahringer etwa meint, dass man beispielsweise bei den Bundesmuseen die Kurzarbeit "nicht unbedingt bräuchte und die Regierung durchaus andere Regelungen hätte vereinbaren können, um den Einnahmenentgang abzufedern." Allein fürs AMS habe das eine enorme Tragweite, wie er meint. Und manche Museumsexperten vertreten die Ansicht, dass es für viele der nun kurzarbeitenden Mitarbeiter in den Museen durchaus Beschäftigung gäbe – auch wenn gerade keine Ausstellungen zu betreuen sind. Was in den Museen großteils anders gesehen wird.

Steuerzahler zahlt

Im Arbeitsministerium erklärt man die Einbeziehung der quasi öffentlichen Institutionen ins Kurzarbeitsmodell damit, dass es der Regierung darum gegangen sei, alle Wirtschaftsbetriebe beim Kurzarbeitsmodell "mitzunehmen", die eben nicht zur Gänze staatlich gefördert werden, sagt ein Sprecher. Auch ein Museumsexperte, der nicht genannt werden will, bleibt skeptisch: "Der Staat finanziert die Museen mit seiner Basisabgeltung und gibt uns die Kurzarbeit auch noch dazu. Gezahlt wird das alles vom Steuerzahler."

Und wie begründet der ORF, der sich aus Gebühren finanziert, seinen Plan, demnächst einen Antrag auf Kurzarbeit einzubringen? Man erwarte einen Erlöseinbruch von rund 50 Millionen Euro, weil die Werbeeinnahmen und die Rundfunkprogramm-Entgelte sinken werden, weil mehr Leute Gebührenbefreiungen erhalten werden, erklärt ein Sprecher der öffentlich rechtlichen Anstalt. Gemäß Richtlinie für die Kurzarbeit falle der ORF unter die Antragsberechtigten, weil er die wesentlichen Teile seiner Kosten über Leistungsentgelte finanziere, diese seien die Rundfunkgebühren.

ORF arbeitet am 13. April kurz

Am Antrag wird gerade noch gearbeitet, geplant ist, ab 13. April rund 500 bis 600 Beschäftigte in Kurzarbeit zu schicken. Zwei Varianten sind angedacht, wie DER STANDARD erfahren hat: eine Arbeitszeitreduktion auf 90 und eine auf 50 Prozent. Auch Mitarbeiter aus der Redaktion werden kurzarbeiten, nicht aber solche aus der Information. (Renate Graber, 7.4.2020)