Österreich half den Südtiroler Nachbarn mit einer Luftbrücke aus. Doch die Lieferung ist offenbar zum Einsatz in Spitälern ungeeignet.

Foto: Der Standard / GEORG HOCHMUTH

Die Freude war groß, als am 23. März 2020 kurz vor 15 Uhr zwei AUA-Maschinen mit insgesamt 130 Tonnen medizinischer Schutzausrüstung aus China auf dem Flughafen Wien-Schwechat landeten. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte die "Luftbrücke" auf Anfrage der Südtiroler Landesregierung ermöglicht. Die Nachbarn hatten im Rahmen einer Public-private-Partnership mit dem Südtiroler Sportartikelhersteller Oberalp das Frachtgut im Gesamtwert von rund zehn Millionen Euro bei chinesischen Herstellern organisiert.

Quasi als Dankeschön erhielt das Land Tirol aus dieser Lieferung rund 100.000 Schutzmasken der Kategorie FFP2, die in Spitälern eingesetzt werden können, und weitere rund 200.000 sogenannte Mund-Nasen-Masken.

Rotes Kreuz "stutzig"

Doch die Freude währte nur kurz. Denn schon bei der Ankunft des Materials in Wien-Schwechat, so berichtete der ORF, wurde das Rote Kreuz bei der Sichtkontrolle der Masken "stutzig". Daraufhin veranlasste das Wirtschaftsministerium eine Prüfung der Masken beim deutschen Dekra-Institut. Dieser Prüfbericht liegt dem STANDARD vor, und er beschreibt, dass bei den als FFP2 klassifizierten Masken "im Bereich der Wangen deutliche Lücken zu erkennen" sind. Daher waren offenbar die weiteren Qualitätstests nicht möglich oder ohne ausreichende Aussagekraft.

Offiziell sind die besagten Masken aus chinesischer Produktion vom Hersteller nach der chinesischen Norm KN95 klassifiziert. Die entspricht laut dem Technical Bulletin der Firma 3M, Stand Jänner 2020, der in Europa gängigen Norm FFP2. Das genannte Gutachten der Dekra bleibt ein abschließendes Urteil schuldig. Dennoch nahm man den genannten Mangel in Tirol zum Anlass, die Masken nicht im klinischen Bereich einzusetzen.

Mangelhafte Masken in Italien verteilt

Neben der Dekra prüfte auch das Amt für Rüstung und Wehrtechnik in Wien die KN95-Masken aus China. Der Auftrag dafür kam aus Südtirol, und nach Berichten des dortigen Onlinemagazins Salto.bz war das Urteil noch vernichtender. So heißt es im Gutachten: "Anhand der vorliegenden Prüfergebnisse kann durch die Prüfstelle nicht empfohlen werden, diese Masken als FFP3-Masken bzw. als Atemschutzmasken (FFP1–3) in Verkehr zu bringen oder zu verwenden."

Während in Nordtirol die Masken nach dem Dekra-Gutachten nicht mehr verwendet werden und teils zurückbeordert wurden, sind sie in Italien auch nach dem Vorliegen des zweiten Gutachtens aus Wien weiter im Gesundheitswesen im Einsatz. Auf Nachfrage des STANDARD sagt der Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs, Florian Zerzer, dass man nicht zum Schluss gekommen sei, die Masken seien zum Einsatz in Spitälern untauglich.

Die Mitarbeiter seien angewiesen worden, "auf die Passform zu achten" und sie nicht in Intensivstationen zu nutzen. Denn die Verwendung als FFP2-Masken sei in Ordnung, so Zerzer. Das Gutachten des Amts für Rüstung und Wehrtechnik besage laut Zerzer, dass die Masken gut seien, wenn man sie auf korrekten Sitz prüfe. Mittlerweile seien diese Masken in ganz Italien verteilt worden.

Tirol Kliniken widersprechen Südtirol

Außerdem verweist Zerzer auf eine gemeinsame Prüfung der Zertifikate der chinesischen Masken mit dem Land Tirol. Dabei habe man die Produkte ebenfalls für in Ordnung befunden. Im Innsbrucker Landhaus weiß jedoch nichts davon und verweist an die Tirol Kliniken.

Dort weist man die Darstellung Zerzers ebenfalls zurück: "Es ist richtig, dass vonseiten der Innsbrucker Klinik ein E-Mail an den Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs weitergeleitet wurde, in welchem erklärt wird, welche europäische Typenbezeichnung für Masken welcher chinesischen Typenbezeichnung entspricht. Wir halten aber in aller Deutlichkeit fest, [...] zu keinem Zeitpunkt eine Stellungnahme zur Verwendung der Masken abgegeben zu haben."

Weitere Bestellungen bei derselben Firma

Aus gut informierten Kreisen ist zu vernehmen, dass wohl auch bei weiteren Maskenbestellungen der Republik dieselben Lieferanten beziehungsweise Produktionsfirmen verwendet wurden. Dadurch sei teils wohl auch mangelhafte Ware eingeführt worden, die für bestimmte Gesundheitsstandards nicht ausreiche und nur in niederschwelligeren Bereichen eingesetzt werden könne. Das Rote Kreuz Österreich konnte eine kurzfristige Anfrage des STANDARD diesbezüglich bis Redaktionsschluss aus Zeitgründen nicht beantworten.

Wirtschaftsministeriumssprecher Wolfgang Schneider bestätigt dem STANDARD, dass mittlerweile im Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen eine eigene Prüfstelle für sogenannte CPA-Masken (Corona SARS-Cov-2 Pandemie Atemschutzmasken) und andere Schutzausrüstung eingerichtet wurde. (Steffen Arora, Laurin Lorenz, Fabian Sommavilla, 7.4.2020)