Irgendetwas machen die Kärntner richtig. Oder ist alles nur Zufall?
Man kennt im südlichen Bundesland zwar leidvoll das Image als Schlusslicht im Reigen der Bundesländer, vor allem wenn es um wirtschaftliche Potenz geht. Diesmal aber – in Corona-Zeiten wie diesen – ist man einigermaßen erleichtert, ganz hinten im Feld zu rangieren. Kärnten ist bis jetzt glimpflich davongekommen.
Das Bundesland mit seinen 560.000 Einwohnern zählt aktuell rund 386 Corona-Fälle. Zum Vergleich: Das, gemessen an der Einwohnerzahl (550.000), in etwa gleich große Bundesland Salzburg verzeichnet zu Wochenbeginn 1.174 Fälle, Tirol mit 754.000 Einwohnern 3.308 Infizierte. Und selbst Vorarlberg verbucht wesentlich mehr positiv getestete Personen als Kärnten. Nur das kleine Burgenland schneidet günstiger ab (270 Fälle). Zehn Personen werden in Kärnten aktuell auf Intensivstationen behandelt, 190 Intensivbetten stünden zur Verfügung.
Frühe Hygieneschulungen
Landeshauptmann Peter Kaiser und Gesundheitslandesrätin Beate Prettner sind davon überzeugt, dass Kärnten sehr rasch auf die aufkeimende Gefahr reagiert habe. Als in Italien die dramatische Entwicklung absehbar geworden sei, sei umgehend ein Krisenstab eingerichtet worden. "Das war am 23. Februar, da wurden alle wesentliche Institutionen an einen Tisch geholt", sagt Claudia Grabner vom Büro Prettner.
Dieses Koordinationsgremium mit Vertretern sämtlicher betroffener Landesstellen, des Roten Kreuzes, der Gesundheitsbehörden, der Ärzte und Spitäler sei anschließend täglich zusammengekommen.
Wovon Kärnten bisher verschont blieb: In keinem einzigen Pflegeheim ist bisher ein Corona-Fall aufgetaucht, auch nicht in allen anderen Sozialeinrichtungen der Jugend- und Behindertenhilfe. "Wir hatten da schon im Februar mit intensiven Hygieneschulungen begonnen", sagt Grabner.
Kaum "Ischgl-Heimkehrer"
Kärnten habe eigentlich nur in zwei Corona-Krisenherden massiv intervenieren müssen: Zum einen hätten einige wenige "Ischgl-Heimkehrer" für etliche Ansteckungen gesorgt, zum anderen seien zahlreiche Infektionen im Umfeld eines Begräbnisses in Völkermarkt entstanden, sagt Grabner.
Die an der Uni Klagenfurt und der Fachhochschule Kärnten lehrende Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle bewertet die Anstrengungen der Kärntner Regierung durchaus positiv, sie sieht daneben aber einen recht banalen Grund für die günstige Corona-Situation in Kärnten: "Es waren nur wenige Kärntner in Ischgl. Viele Kärntnerinnen und Kärntner können sich einen Urlaub in Tirol einfach nicht leisten." Dadurch sei ein zentraler Infektionsherd weggefallen.
Große Herausforderung: Kommende Wirtschaftskrise
Der Wintertourismus sei zudem in Kärnten nicht dermaßen "Après-Ski-lastig" wie in Tirol. Auch verfüge Kärnten kaum über Ballungsräume, daher seien die Siedlungsräume wesentlich breiter. "Kärnten hat einfach mehr freien Raum."
"Die größere Herausforderung wird in der Zeit nach Corona aufgrund der angespannten finanziellen Lage des Bundeslandes auf die Landesregierung zukommen", sagt Stainer-Hämmerle. Hier werde sich die Kärntner Politik als Krisenmanager bewähren müssen, "im wirtschaftlichen Wiederaufbau und im Kampf gegen Arbeitslosigkeit". (Walter Müller, 14.4.2020)