Im südwestlichen Amazonasgebiet wurde bereits vor 10.000 Jahren Landwirtschaft betrieben, 8.000 Jahre früher als bisher angenommen. Das hat ein internationales Forscherteam um Umberto Lombardo vom Geographischen Institut der Universität Bern jetzt nachgewiesen. Damit sei neben dem Nahen Osten, dem heutigen China, Mesoamerika und den Anden ein fünftes Gebiet früher Landwirtschaft identifiziert worden, wie die Wissenschafter im Fachblatt "Nature" schreiben.

Die "Waldinseln" in der Moxos-Ebene wurden künstlich angelegt.
Foto: Umberto Lombardo

Dass die Region der heute bolivianischen Moxos-Ebene ein frühes Zentrum der Pflanzendomestikation war, hatten Archäologen, Geografen und Biologen schon länger angenommen. Denn viele wichtige Nutzpflanzen wie Maniok, Kürbis, Erdnüsse sowie einige Bohnen- und Paprikaarten und Bohnen stehen genetisch den dort lebenden Wildpflanzen sehr nahe, wie die Wissenschafter berichten.

Grüne Inseln

Um in dieser Gegend aus Wildpflanzen Nahrungsmittel zu kultivieren und anzubauen, griffen Menschen gestaltend in die Landschaft ein: Sie legten etwa 4.700 künstliche Hügel an, die grün aus der dürren Savanne ragen und deshalb "Waldinseln" genannt werden. Dass diese Hügel von Menschenhand geschaffen wurden, hatten Forscher bereits vor einigen Jahren nachgewiesen.

Die Moxos-Ebene war demnach ursprünglich unwirtlich: von Dezember bis März überflutet und von Juli bis Oktober extrem trocken. Die Hügel der Vorkolumbianer blieben während der Regenzeit über dem Wasserspiegel, was die Bedingungen für Bäume optimierte.

Rund 4.700 solcher Inseln sind bekannt.
Foto: Umberto Lombardo

Dass dort aber schon so früh elaborierte Agrikultur betrieben wurde, war bisher unbekannt. "Bisher hatten Forscher weder nach archäologischen Stätten in der Region, die die präkolumbische Domestikation dieser weltweit wichtigen Nutzpflanzen dokumentieren könnten, gesucht noch solche Stätten ausgegraben", sagt Lombardo.

Überraschende Datierung

Für die Studie, an der neben der Universität Bern auch die University of Exeter, die University Pompeu Fabra in Barcelona und die Pennsylvania State University beteiligt waren, wurden archäologische und archäobotanische Daten von mehr als 30 der frühholozänen Waldinseln in der Moxos-Ebene ausgewertet. Die Wissenschafter untersuchten pflanzlicher Mikrofossilien, sogenannte Phytolithe. Diese Kieselsäurepartikel enthalten Hinweise auf bestimmte Pflanzen und können im Boden über Zehntausende Jahre konserviert bleiben.

"Wir konnten zeigen, dass das früheste Alter für Maniok im Amazonas 10.350 Jahre ist, für Kürbis 10.250 Jahre und für Mais 6.850 Jahre", sagt Lombardo. "Unsere Studie zeigt, dass kleine Gemeinschaften, die eine gemischte Wirtschaft betrieben, etwa 8.000 Jahre früher als bisher angenommen die Landschaft des Amazonasgebiets zu prägen begannen." (red, APA, 12.4.2020)