Mit der Reisefreiheit, so wie wir sie in den vergangenen Jahrzehnten gekannt haben, ist es für längere Zeit vorbei. Das ist die Botschaft, die auf schwarzer Regierungsseite von Kanzler Sebastian Kurz abwärts in den vergangenen Tagen ausgegeben wurde. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger hat die Message nun noch einmal nachgeschärft und die Devise ausgegeben: Im Sommer sollte Urlaub in Österreich gemacht werden. Denn andere Länder haben das Virus weniger gut oder gar nicht unter Kontrolle. Zugleich brauchen heimische Tourismusbetriebe und Gasthäuser jetzt in der Krise jede Unterstützung.

Ist das jetzt eine inakzeptable Abschottung Österreichs, wie Neos und FPÖ angeprangert haben, oder sind diese Maßnahmen gesundheitspolitisch notwendig? Die Antwort ist nicht einfach. Für eine völlige Beschränkung der Reisefreiheit gibt es jedenfalls keinen Grund. Wenn, muss die Devise lauten, dass nur in jene Länder gefahren werden kann, die es geschafft haben, die Pandemie ähnlich gut zu unterdrücken wie Österreich. In Tschechien ist das aktuell der Fall, auch in Dänemark. Deutschland ist auf einem ähnlich guten Weg, in vielen osteuropäischen Ländern wie Ungarn hat sich Corona überhaupt nie stark ausgebreitet.

Der Offensee im oberösterreichischen Salzkammergut.
Foto: imago/Rudolf Gigler

Hier spricht aus gesundheitspolitischen Gründen nichts gegen eine Reise und nichts dafür, alle Rückkehrer in Quarantäne zu stecken: In einem Hotel am Bodensee ist die Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken, nicht höher als am Balaton oder an der Nordsee.

Anders ist es mit Ländern, in denen die Ausbreitung des Virus größere Dimensionen erreicht hat. Hier wäre es in der Tat problematisch, wenn Österreich Fälle wieder unkontrolliert importiert. Aber auch hier gilt es genau hinzusehen: Norditalien könnte laut Experten auf dem Weg in Richtung Herdenimmunität sein, weil sich dort so viele Menschen infiziert haben. Statt pauschaler Reisewarnungen wird es künftig wichtig sein, feingliedrig zu differenzieren.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung der Reisepolitik deshalb so schwierig, weil es in Österreich kein erklärtes Ziel für den Kampf gegen Corona gibt: Wollen wir das Virus nur eindämmen und die Durchseuchung verlangsamen, oder wollen wir, wie zuletzt von der Regierung propagiert, das Virus ganz zurückdrängen, auch wenn das unrealistisch erscheint? Erst wenn diese Frage geklärt ist, werden sich all die anderen, in der Wirtschaft wie im Tourismus, einfacher beantworten lassen. (András Szigetvari, 9.4.2020)