Ostern und Corona-Krise: Papst Franziskus feiert fast allein.

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Die Via della Conciliazione, die vom Tiber zum Petersplatz führt, ist weitgehend menschenleer, seit Wochen schon. Auch auf dem Petersplatz, wo sich in der Karwoche in normalen Zeiten selbst dann tausende Touristen und Pilger tummeln, wenn der Papst keine Messe hält, ist keine Menschenseele zu erkennen – er ist abgesperrt. Unter dem strahlend blauen Frühlingshimmel wirken die Pracht-Piazze mit ihren Bernini-Kolonnaden und der Petersdom in diesen Tagen irgendwie unwirklich – wie die tote Kulisse eines Monumentalfilms ohne Schauspieler. Auf der Piazza und im Dom wird es auch während der Osterliturgien von Papst Franziskus einsam bleiben.

"Nichts Vergleichbares"

"Ich habe bisher nichts Vergleichbares gefunden, nicht einmal, als in Rom die Cholera wütete, oder in den Kriegszeiten", sagte der Vatikanexperte Ulrich Nersinger dem Kölner Domradio. "Man hat immer gewisse Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Aber man hat nie ganz auf die Zeremonie öffentlicher Gottesdienste verzichtet." Das einzige Mal, dass der Vatikan in der neueren Geschichte die Osterfeiern eingeschränkt hat, war im Jahr 1941. Angesichts des Zweiten Weltkriegs hielt es Papst Pius XII. damals für geraten, seinen Ostersegen urbi et orbi nur per Radio Vatikan zu erteilen.

Die Corona-Pandemie hat, was die Bewegungsfreiheit der Bürger und Pilger anbelangt, noch sehr viel einschneidendere Auswirkungen als ein Weltkrieg: Öffentliche Ostermessen in oder vor der Petersbasilika mit Tausenden von Gläubigen sind in diesen Tagen einfach undenkbar. Das hat schon vor Wochen auch der Vatikan eingesehen – und sämtliche Liturgien in den Petersdom verlegt, wo die Papstzeremonien nur von wenigen Kurienmitarbeitern, Kardinälen und Bischöfen direkt verfolgt werden können. Für die Gläubigen auf dem ganzen Globus werden die Messen über das Fernsehen, Internet und Radio verbreitet.

Kein Kreuzweg

Im Vatikan herrscht seit dem 5. März, als der erste Corona-Fall im Kirchenstaat entdeckt wurde, ebenfalls eine weitgehende Kontaktsperre. Die meisten Kurienmitarbeiter sind im Homeoffice, auch die Termine des Papstes wurden auf ein Minimum reduziert: Mit seinen 83 Jahren zählt Franziskus zu den Risikogruppen im Fall einer Infektion.

Im Wesentlichen hält der Papst zwar an seinem üblichen Osterprogramm fest – nur finden die Liturgien nun unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Schon am Palmsonntag erfolgte das Gedenken an den Einzug Jesu in Jerusalem ohne die traditionelle Prozession über den Petersplatz. Am heutigen Gründonnerstag verzichtet Franziskus darauf, die Eucharistiefeier zur Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu wie bisher in Haft- oder Betreuungseinrichtungen zu halten. In den vergangenen Jahren hatten jeweils Insassen die traditionelle Fußwaschung beim Papst vorgenommen.

Erstmals seit über 200 Jahren fällt in diesem Jahr an Karfreitag auch der abendliche Kreuzweg beim Kolosseum aus; die stimmungsvolle Zeremonie vollzieht sich heuer an Ostern auf den Stufen des Petersdoms. Die Feier der Osternacht begeht der Papst am Samstagabend ebenfalls in der vatikanischen Basilika. Dort hält er am folgenden Ostersonntag auch die Ostermesse. Anschließend erteilt er den Segen urbi et orbi. Weitgehend allein. (Dominik Straub aus Rom, 9.4.2020)