Und irgendwann bleib i dann durt – zu Hause nämlich. Da soll’s ja laut Regierung auch am schönsten sein.

Foto: APA / Barbara Gindl

Neuer Tag, neue Pressekonferenz. Diesmal waren Außenminister Alexander Schallenberg und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (beide ÖVP) an der Reihe – mit Mundschutz beim Rein- und Rausgehen im Bundeskanzleramt, wie es das neue Normal ist. Die Ankündigungen in Sachen Reisefreiheit und Heimaturlaub erfolgten dann hinter der Glaswand, auch das mittlerweile fast schon Routine.

Für alle, die immer noch auf ihren wohl verdienten Sommerurlaub hoffen, setzte es vorerst einen Dämpfer. Reisefreiheit, wie wir sie in Vor-Corona-Zeiten kannten, sei wohl noch länger nicht möglich, sagte Schallenberg, denn "hier sind nicht alle Staaten im Gleichschritt unterwegs". Aktuell gibt es für 29 Staaten weltweit eine Reisewarnung des Außenministeriums, neu hinzu kommen ab Mittwoch Belgien, Portugal, Schweden, Indonesien, Brasilien, die Philippinen und Nigeria – hier gilt ab sofort ebenfalls die Reisewarnung. Daneben gilt für alle übrigen Länder wegen der Sars-Cov2-Epidemie ein erhöhtes Sicherheitsrisiko.

Podcast: Wann werden wir wieder reisen dürfen?

Kein Wochenendtrip

Heißt im Umkehrschluss laut Schallenberg: "Solange das Corona-Virus nicht global besiegt ist, wird es nicht die volle Reisefreiheit geben können." Das sei natürlich für viele eine "sehr harte Situation", insbesondere wo es nicht um den geplanten Wochenendtrip, sondern um eine längere Trennung von geliebten Menschen gehe, aber es sei auch "eine Frage des Hausverstands".

Reisen sind allerdings nicht generell untersagt: Einreisen aus Nachbarländern wie Deutschland, Italien und Ungarn sind erlaubt, sofern Personen ein ärztliches Zeugnis über ihren Gesundheitszustand mit sich führen, das einen negativen Test auf Sars-CoV-2 bestätigt. Das Zeugnis darf bei der Einreise nicht älter als vier Tage sein. Da Testkapazitäten überall begrenzt sind, ist das aktuell ein großes praktisches Hindernis. Für Österreicher oder Menschen, die in Österreich arbeiten, gilt das nicht, sofern sie nach der Rückkehr in eine 14-tägige Heimquarantäne gehen.

Im Prinzip gilt für die Nachbarländer ein ähnliches Regime: Reisen sind nicht erlaubt, außer sie sind beruflich notwendig. Berufspendler können nach Deutschland kommen, auch Italien gestattet die Einreise aus Jobgründen, verpflichtet aber zur Quarantäne.

Urlaub daheim

Während es also Ausnahmen für die Wirtschaft gibt, gelten für Touristen die vollen Beschränkungen. Wie geht es hier weiter? Der Sommer und damit die Urlaubszeit rückt näher.

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger hielt am Mittwoch ein Plädoyer für den Urlaub daheim: "Jeder, der einen Urlaub für den Sommer plant, sollte darüber nachdenken, ihn in Österreich zu verbringen", erklärte sie mit Verweis auf die massiven Einschränkungen bei der Reisefreiheit. Positiver Nebeneffekt: "Unsere Hotels, unsere Gastronomie", sie alle bräuchten "unsere Unterstützung, unsere Solidarität", immerhin seien gerade im ländlichen Raum auch viele andere Branchen – vom Bäcker bis zum Friseur – von der "Vollbremsung" des Tourismus betroffen.

Wie berichtet, ist der Tourismus voll vom aktuellen Shutdown betroffen. Das Problem ist nicht nur, dass Gäste wegbleiben: Der Tourismus gilt als investitionsintensive Branche, viele Betriebe sind hoch verschuldet und haben wenig Eigenmittel. In der Gastronomie ist es ähnlich. Experten warnen bereits vor einer Pleitewelle, wenn die Sommersaison ausfallen sollte. Fast jeder zweite Beherbergungsbetrieb im Land und 40 Prozent der Gasthäuser haben ein negatives Eigenkapital. Die Schulden des Betriebs bei der Bank übersteigen also die eigenen Vermögenswerte, und zwar oft deutlich. Bei der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) geht man aktuell von einem Umsatzrückgang von "im besten Fall 40 bis 60 Prozent" aus. Selbst wenn die Regierung den Tourismusbetrieben ein Viertel der Fixkosten abnimmt: "Das wird sich in keinem Hotel ausgehen", befürchtet ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer. Kein Hotel könne überleben, wenn es bei 50 Prozent Umsatzrückgang 25 Prozent der Fixkosten erstattet bekomme.

Hotellerie fordert Gutscheine

Die Hoteliers fordern deshalb neben "der besten und größten Kampagne für Urlaub in Österreich, die wir jemals gesehen haben", auch einen einmaligen Urlaubszuschuss für Kurzarbeiter. Und: Bereits abgesagte Reisen, etwa in den kommenden Wochen, sollen nicht rückvergütet, sondern in Form von Gutscheinen an Kunden erstattet werden.

Freilich bleiben Fragen offen. Ob jemand, der jetzt einen Österreich-Urlaub bucht, diesen auch sicher antreten können werde beziehungsweise wie entsprechende Stornoregeln aussehen könnten, falls nicht – da wollte Ministerin Köstinger sich am Mittwoch nicht festlegen. Auf Nachfrage hieß es, man gehe davon aus, dass im Sommer Urlaub in Österreich möglich sein wird. Und auch die genauen Regeln, wie so ein Sommerurlaub in Corona-Zeiten aussehen könnte, sind noch offen – eine Arbeitsgruppe des Köstinger-Ressorts kümmert sich gerade um die Ausgestaltung.

Oberstes Prinzip bei allen Überlegungen ist auch hier: Alle Regeln – von Abstandhalten bis Maskenpflicht – müssen natürlich auch innerhalb von Tourismus- und Gastronomiebetrieben gelten. Die Überlegungen könnten von einem Frühstücksbetrieb in Tranchen (etwa bei größeren Hotelleriebetrieben) bis hin zu zahlenmäßigen Beschränkungen reichen, wie Der STANDARD eruieren konnte. Je nach Branche gilt es zahlreiche weitere Details zu klären – vom Vorhandensein ausreichender Desinfektionsmittel bis hin zur Frage, ob die Wellnessanlage genutzt werden darf.

Aber was bringen diese Aufrufe für den Urlaub daheim? 152 Millionen Übernachtungen gab es im vergangenen Jahr, allein 73 Prozent davon entfielen auf ausländische Gäste. Wenn sie nicht kommen: Ist dieser Verlust kompensierbar? Teilweise ja, sagt der Tourismusexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Oliver Fritz. Würden die Österreicher nur noch im Inland Urlaub machen, "stünde da ein gewaltiger Topf zur Verfügung". Pro Jahr unternahmen zuletzt 5,8 Millionen in Österreich wohnhafte Menschen zumindest eine Urlaubsreise im In- oder ins Ausland.

Nachhaltige wirtschaftliche Schwierigkeiten sieht Fritz vor allem dort, wo Betriebe vermutlich längere Zeit nicht aufsperren werden, etwa bei Thermen und Campingplätzen. (Karin Riss, András Szigetvari, 8.4.2020)