Trotz weltweiter Klimaschutzmaßnahmen ist die Förderung und Verbrennung von Öl, Gas und Kohle nach wie vor ein gutes Geschäft. Unter den zehn weltweit umsatzstärksten Unternehmen sind sechs Ölkonzerne. Eine größer werdende Bewegung von Klimaschutzaktivisten will verhindern, dass das so bleibt. Die sogenannte Divestment-Bewegung will der fossilen Industrie die Geldströme abgraben. Institutionelle Anleger sollen ihre Gelder devestieren, also aus klimaschädlichen Unternehmen abziehen.

Die ersten großen Erfolge hatte die Bewegung zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts, als sie große US-Universitäten wie Harvard überreden konnten, ihr teils milliardenschweres Vermögen nicht mehr in Konzerne zu investieren, die die Umwelt belasten.

Unsichere fossile Zukunft

Seitdem hat der norwegische Pensionsfonds, mit über einer Billion US-Dollar der größte Staatsfonds der Welt, begonnen, Wertpapiere von klimaschädlichen Unternehmen abzustoßen. Auch der schwedische Pensionsfonds AP1, mit 37 Milliarden US-Dollar auch kein Leichtgewicht, gab im März bekannt, nicht mehr in fossile Energie zu investieren. Den Anlegern geht es dabei nicht nur um ein sauberes Gewissen. Seit Jahren warnen Ökonomen vor der "Kohlenstoffblase", also der Überbewertung von Förderern fossiler Energieträger. In vielen Fällen ist Strom aus erneuerbaren Quellen jetzt schon günstiger als jener aus Kohle. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich Sonne und Wind in allen Bereichen rentieren würden. Der Ökonom Jeremy Rifkin datiert den "unvermeidlichen Zusammenbruch der fossil befeuerten Zivilisation" etwa auf 2028.

Von der Straße an die Börse: Klimaschützer wollen den größten Verschmutzern den Geldhahn zudrehen.
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Nicht jeder grüne Fonds ist nachhaltig

Kritiker monieren, dass dann eben andere die abgestoßenen Wertpapiere kaufen würden. Große Fische würden sich zudem wenig um NachhaltigkeitsStandards scheren. Die US-Kohleindustrie gibt an, den Einfluss der Divestment-Bewegung bereits zu spüren. Erst kürzlich bat die von der Corona-Krise stark getroffene Branche um finanzielle Hilfe der Regierung. Finanzinstitute hätten sich in den letzten Jahren unter Druck von Umweltbewegungen aus Kohleinvestments zurückgezogen und ließen der Industrie "nur mehr begrenzte Optionen" bei der Beschaffung von Kapital.

In Österreich haben zwar vereinzelte Institutionen, etwa die Diözesen oder Versicherungen wie die Vienna Insurance Group, ihr Vermögen zum Teil devestiert. So richtig angekommen sei die Bewegung hierzulande aber noch nicht, sagt Greenpeace-Energieexperte Adam Pawloff zum STANDARD. Im Gegensatz zum angloamerikanischen Raum seien die Geldanlagen von Stiftungen in Österreich intransparenter, weswegen es schwer sei, öffentlichen Druck aufzubauen. Wer selbst Geld anlegt oder etwa eine Lebensversicherung besitzt, kann sich aber anhand der jährlichen Abrechnung einen Überblick darüber verschaffen, in welche Unternehmen das eigene Geld investiert ist.

Pawloff warnt vor angeblich nachhaltigen Fonds, die nach dem Best-in-Class-Ansatz funktionieren. Dabei werden pro Branche die nachhaltigsten Unternehmen ausgesucht, weshalb auch Ölkonzerne ins Portfolio rutschen können. (Philip Pramer, 11.4.2020)