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Bei PCR-Tests, wie sie bei der Studie gemacht wurden, wird nur festgestellt, wer das Virus hat, nicht, wer es hatte.

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In jene repräsentative Studie, die am Freitag präsentiert werden soll, wird einiges an Hoffnung gesetzt. Erstmals soll sie Aufschluss darüber geben, wie hoch die Dunkelziffer der Sars-CoV-2-Infektionen in Österreich ist und damit einen Anhaltspunkt dafür geben, wie es im Alltag weitergehen kann. Nur: So aussagekräftig ist die Studie gar nicht, sagen Experten. Die Ergebnisse seien vielmehr eine Momentaufnahme.

Die Eckdaten: Die Studie wurde vom Bildungsministerium in Auftrag gegeben, in 2.000 Haushalten nahmen Mitarbeiter des Roten Kreuzes Abstriche, diese wurden dann in einem Labor der Medizinischen Universität Wien analysiert. Parallel wurden die Testpersonen zu Symptomen befragt. Die statistische Auswertung übernahm das renommierte Sora-Institut.

Kritik an Stichprobengröße

Die Haushalte wurden "rein zufällig ausgewählt, statistisch repräsentativ über ganz Österreich verteilt", heißt es von Sora. Ernst Fehr, österreichisch-schweizerischer Verhaltensökonom, forderte schon vor 14 Tagen, dass die Politik sich mehr auf Daten stützt – und damit eine repräsentative Testung. Nun zweifelt er an der Zahl der Getesteten: "Ideal wären mindestens 8.000 bis 10.000 Personen", denn bei einem so kleinen Prozentsatz an Infizierten brauche man eine größere Stichprobe, um den Messfehler kleinzuhalten.

Sora-Leiter Günter Ogris widerspricht: Je kleiner der Prozentsatz, desto kleiner die Schwankungsbreite, sagt er. Aber natürlich hätte man sich eine größere Stichprobe gewünscht, das wäre logistisch jedoch nicht machbar gewesen.

Ziel der Studie sei es herauszufinden, so heißt es auf der dazugehörigen Website, wie viele Menschen aktuell mit dem Coronavirus infiziert sind und wie viele davon keinerlei Symptome haben. Die Informationen, seien "dringend nötig für gute Entscheidungen darüber, wann wir beginnen können, die Geschäfte, Schulen und Betriebe wieder zu öffnen". Offizielle Ergebnisse wurden bis Redaktionsschluss nicht kommuniziert. Bei der letzten größeren Untersuchung, bei der in drei Berufsgruppen gezielt getestet wurde, waren von etwa 1.200 getesteten Personen nur sechs positiv.

Keine Aussage über Immunität

Nur: Getestet werden die Menschen in der aktuellen Studie ausschließlich mit einem sogenannten PCR-Test. Das bedeutet, dass bei jenen, die das Virus schon in der Vergangenheit hatten, der Test negativ ausfällt. Und: Die Tests können noch negativ sein, obwohl das Virus bereits aktiv ist, gleichzeitig können auch Menschen, kurz nachdem sie das Virus überwunden haben, positiv getestet werden. "Die wahre Dunkelziffer", sagt der Virologe Christoph Steininger von der Medizinischen Universität Wien, "können wir erst bestimmen, wenn wir einen guten Antikörpertest haben." Solche, sagt Gabriele Greiner, die die in einem von drei privaten Labors PCR-Tests durchführt, könnte es schon Ende April in größerem Ausmaß geben, wenn Engpässe bei Reagenzien überwunden sind. Den Test könnten dann deutlich mehr Labore durchführen, außerdem sei er günstiger als ein PCR-Test. Bei einer Studie im deutschen Gangelt, einer der am stärksten betroffenen Regionen Deutschlands, wurden PCR- und Antikörpertests kombiniert. Das Ergebnis: 14 Prozent der Getesteten waren bereits immun.

Die Ergebnisse der repräsentativen Studie in Österreich hingegen sagen nichts darüber aus, wie groß der Teil der immunen Personen ist – wie lange man das ist, ist übrigens unklar. Dennoch, so Steininger, seien die Daten wertvoll. Sie würden Aufschluss darüber gaben, "wie viele Menschen es gibt, die keine Beschwerden haben, nicht selbst daran denken, dass sie die Erkrankung haben, und dennoch ansteckend sein können. Daraus könne man zwar keine Lockerung der Ausgangsbeschränkungen ableiten, doch es würde zeigen: "Auch wenn man keine Beschwerden hat, ist es sinnvoll, eine Maske zu tragen."

Von Sora-Leiter Ogris heißt es, man hatte nie das Ziel, die Immunität zu eruieren. Auch was Maßnahmen angehe, könne man keine Evidenz liefern. Was aus den Daten abzuleiten sei, müssten Immunologen feststellen. (Gabriele Scherndl, 9.4.2020)