Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) bezeichnete die Bestellung des Roten Kreuzes bei einer Pressekonferenz am Donnerstag als "vollkommen in Ordnung".

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Die Maskenhilfslieferung aus China lässt in Südtirol weiter die Wogen hochgehen. Die Opposition fordert mittlerweile einen Untersuchungsausschuss sowie den sofortigen Rücktritt von Florian Zerzer, seines Zeichens Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes (Sabes). Der Vorwurf lautet, er habe versucht, negative Prüfberichte über die mindere Qualität der Mundschutzmasken zu vertuschen. Zerzer beteuert, er habe die entsprechenden Mails nie gelöscht, sondern lediglich "archiviert", wie er dem Radiosender Rai Südtirol bestätigte.

Die vom Bozener Textilunternehmen Oberalp organisierte und über österreichische Behörden mitorganisierte Maskenlieferung aus Fernost ist deshalb auch für Österreich von Bedeutung, weil als Dankeschön für die von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eingefädelte Luftbrücke rund 100.000 Masken in Nordtirol blieben. Zudem hat das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK) weitere 20 Millionen Stück des Typs "FFP2 ohne Ventil" mit einem angeblichen Auftragswert von 26 Millionen Euro beim selben Hersteller bestellt, wie das "Profil" berichtet. 1,7 Millionen Masken sind bereits eingetroffen. Brisant ist dabei vor allem der Zeitpunkt der Bestellung. Diese soll nämlich noch vor Erhalt zweier negativer Testberichte erfolgt sein.

Rahmenvertrag in Österreich

Der Cheflogistiker des Roten Kreuzes, Jürgen Kunert, bestätigt dem STANDARD, dass ein Rahmenvertrag mit der Firma Oberalp bestehe, da diese gute Kontakte nach China habe. Zwei der sechs bereits gelieferten Chargen hätten dem vereinbarten Standard für die medizinische Verwendung entsprochen und wurden zur Verwendung weitergegeben. Die restlichen Masken können als Mund-Nasen-Schutz gebraucht werden.

Auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) bezeichnete die Bestellung des Roten Kreuzes bei einer Pressekonferenz am Donnerstag als "vollkommen in Ordnung". Eine Bestellung löse noch keine Lieferung und keine Bezahlung aus. Die Masken würden geprüft, und man habe die Einhaltung von Qualitätsstandards eingemahnt, so die Ministerin. Die Firma Oberalp sei ein verlässlicher Partner, so der Tenor aller Beteiligten. Auch das Land Tirol bezog von ihr eine Million Mund-Nasen-Schutzmasken und 60.000 Schutz-Overalls. Diese werden von Krankenhäusern, Wohn-, Alten- und Pflegeheimen bereits genutzt, bestätigt die Landesregierung.

Aufgrund der negativen Berichte wollten österreichische Sanitätsbetriebe die Masken der Südtirol-Lieferung eigentlich nicht verwenden. Tiroler Ärzte zeigten sich teils über den mangelnden Informationsfluss verärgert. Sie hatten nämlich im besagten Zeitraum auch Masken erhalten. 20.000 Stück sollen offenbar ausgeliefert worden sein. Ohne Verpackungsmaterial sei aber schwer nachzuvollziehen, ob es sich womöglich um die besagten Masken aus der fehlerhaften Charge handelt, so der Vorwurf. Seitens des Landes Tirol heißt es, man habe noch am 27. März sofort reagiert und die Verteilung dieser Masken gestoppt. Auch die Ärztekammer sei tags darauf informiert worden, betroffene Ärzte seien angeschrieben oder telefonisch kontaktiert worden. Um etwaige Unsicherheiten auszuräumen, sei noch am Dienstag ein klärendes Schreiben an alle Betroffenen ergangen, so Florian Kurzthaler, Sprecher des Landes Tirol, zur "Tiroler Tageszeitung".

Ermittlungen der Justiz

Um sicherzustellen, dass in Österreich alle Masken entsprechend ihrer tatsächlichen Filterleistung eingesetzt werden, wurde im Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen indes eine eigene Prüfstelle für sogenannte CPA-Masken (Corona-Sars-Cov-2-Pandemie-Atemschutzmasken) und andere Schutzausrüstung eingerichtet. In Italien sollen die teils minderwertigen Masken aus den ersten Chargen zwar nicht in der Intensivmedizin, aber doch in kritischen Gesundheitsbereichen eingesetzt worden sein. Die Mitarbeiter seien vom Südtiroler Sanitätsbetrieb angewiesen worden, "auf die Passform zu achten" und sie nicht in Intensivstationen zu nutzen.

Für Aufregung sorgte auch das Zertifikat, das der Südtiroler Masken-Charge EU-Standards attestierte. Zunächst war über Zweifel an der Echtheit der Zertifikate aufgrund mutmaßlicher grafischer Unterschiede berichtet worden. Die zuständige staatliche Behörde in Italien gab am Donnerstag bekannt, dass sie sich nicht in der Lage sehe, mit der ihr vorliegenden Dokumentation eine verlässliche Zertifizierung vorzunehmen. Laut dem Onlineportal salto.bz ermittelt nun auch die Südtiroler Staatsanwaltschaft. Europäische Behörden warnen seit Wochen, dass gefälschte Zertifikate im Umlauf seien. (Laurin Lorenz, Fabian Sommavilla,, 9.4.2020)