Die Alkoholabhängigen hingegen sind nach drei Tagen wieder bester Laune und fantasieren heiter über ein Leben in kontrolliertem Substanzgenuss.

Foto: Philipp Traun

Der lange Kampf weicht einer jähen und maßlosen Erschöpfung. "Home Sweet Home", sage ich beim Anblick einer Psychiaterin in Weiß. "Mi Casa es tu Casa", glaube ich zu hören, doch es ist nur ein "guten Tag, Herr Traun, bitte warten Sie dort auf eine Schwester".

Freundlich, doch im Wissen ihrer überflüssigen Gesten und Worte – wie oft habe ich hier schon gewartet, diesen Satz schon gehört – zeigt die Ärztin in Richtung Stützpunkt, dorthin, wo sich viermal täglich die Patienten zur Medikamentenausgabe wie Verdurstende um eine Wasserstelle scharen, wo von der Pflege die Vitamin-B- Tröpfe an die Kanülen in den Venen der Kranken gestoppelt werden und Mütter unter Tränen und der schweren Last ihrer manchmal monatelangen postpartalen Depression zur höflichen Notfallsaudienz seitens des Personals empfangen werden.

Die Alkoholabhängigen hingegen sind mit einigen Ausnahmen, den Einsichtigen und den Toten, nach drei Tagen wieder bester Laune und fantasieren heiter über ein Leben in kontrolliertem Substanzgenuss. Zwar täglich, aber natürlich erst nach 17 Uhr. Es ist nur der nächste Anfang aller ewigen Wiederkunft des Gleichen. Ich setze mich auf eine der Couchen vor dem Stützpunkt und dämmere weg. (Philipp Traun, 11.4.2020)