Einer der Vorwürfe gegen "The L-Word" vor 16 Jahren war, dass die stylishen Lesben aus der Serie sich allzu gefällig präsentierten. Sie waren jung, sahen hervorragend aus, scherten sich nicht um Diskriminierung, sondern lebten ihre Orientierung selbstbewusst und lustvoll aus. Das gefiel nicht allen. Solch zwanglose Darstellung nütze, so lautete der Vorwurf, vor allem schaulustigen Männern als Steilvorlage für Fantasien und weniger der queeren Sache.

So gesehen ist die allererste Szene der neuen "L-Word: Generation Q" ab 15. April bei Sky wohlige Provokation. Wir sehen: Zwei Frauen, die sich leidenschaftlich lieben und also allen Vorurteilen neuen Stoff liefern würden. "I love you", sagt die eine zur anderen, die andere lächelt versonnen – und hält ihr eine blutige Hand vor die Nase. "Jeden Monat dasselbe." So schnell kann es gehen, und die Erotik geht den Bach hinunter.

Die "alte Garde": Shane (Kate Moening), Alice (Leisha Heiley) und Bette (Jennifer Beals).
Foto: Hilary Bronwyn Gayle/SHOWTIME

Liebe, Blut und Leidenschaft

Freud und Leid im Leben einer lesbischen Community liegen in den neuen Folgen erneut nahe beieinander. 2004 drangen die Damen in ein heterosexuell dominiertes Mainstream-Fernsehen vor und sorgten im Gefolge von "Sex and the City" für manch homosexuelle Erweckungserlebnisse. Wenn Frauen Frauen lieben – das war so bisher im Fernsehen nicht zu sehen, und der US-Bezahlsender Showtime schuf sich damit ein weltoffenes Image und eine treue Fangemeinde. Der Hype um Bette, Tina, Alice, Dana, Jenny und Shane war dort groß.

Dem Publikum gefiel die Selbstverständlichkeit, mit der Serienmacherin Ilene Chaiken ihre Darstellerinnen agieren ließ. Mit der Idee, eine andere sexuelle Orientierung als völlige Normalität und nicht immer als traniges Problem zu zeigen, spielt auch die nächste Generation. Die genau genommen gleich aus dreien besteht: Da wären Mitglieder der "alten" L-Word-Garde: Alice (Leisha Heiley), immer noch Ulknudel, moderiert inzwischen eine erfolgreiche Talkshow und lebt im Patchwork als geprüfte Stiefmutter. Shane (Kate Moening) leidet an gebrochenem Herzen, lässt aber wie früher immer noch nichts anbrennen. Bette Porter (Jennifer Beals), die ehemalige Uni-Professorin und Museumsdirektorin, drängt aufs politische Parkett, sie will Bürgermeisterin von Los Angeles werden. Die Unterhaltungen kreisen immer noch um Liebe und Leidenschaft, dazwischen aber auch um die Not mit den Wechseljahren.

Kontaktfreudige Truppe

Dahinter scharrt sich die nachfolgende, nicht minder kontaktfreudige Truppe: Dani (Arienne Mandi), die bei Bette als Wahlmanagerin anheuert und mit Sophie (Rosanny Zayas) ihre eigene Hochzeit vorbereitet. Die burschikose Sarah (Jacqueline Toboni) hat ihr "Dornenvögel"-Erlebnis, wir dürfen einen Blick auf ihr Achselhaar erhaschen, ein schwules Männerpaar ringt um seine Beziehung, dazu kommt ein Meg-Wollitzer-Moment ("Das weibliche Prinzip"), als die junge Dani völlig geplättet von der eloquenten Bürgermeister-Anwärterin ist. Fad wird es jedenfalls nicht.

Wenn Frauen Frauen lieben – "The L Word" 2020.
Foto: CBS / Sky

In der dritten Reihe schließlich steht Bettes Tochter Angie (Jordan Hull) auf der Matte. In der Highschool muss sie sich mit früheren Sünden ihrer Mutter herumschlagen und ist dabei selbst auf der Suche nach ihrer Identität.

Keine Angst vor Kitschszenen

In diesem Sammelsurium an Prototypen wird mitunter sehr heftig an der Gefühlsschraube gedreht. Angst vor Kitschszenen hatte Chaiken sowieso noch nie, und das ist auch gut so, schließlich geht es um Gleichberechtigung: Warum sollen nur heterosexuelle Paare im Fernsehen ihr Liebesglück finden? Gleich in der ersten Folge wird ein Hochzeitsantrag erst tränenreich angenommen und dann lautstark bekreischt. OMG! (Doris Priesching, 15.4.2020)