In der Airlineindustrie könnten die neuen Spielregeln der Kommission prompt zur Anwendung kommen.

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Die Corona-Krise bringt nicht nur Verwerfungen für Arbeitnehmer und Unternehmen mit sich, sondern sorgt dafür, dass der Staat generell stärker ins Wirtschaftsleben eingreift. Das dürfte in Zukunft nicht nur in Form von Kredithilfen und Zuschüssen ablaufen. Auch Verstaatlichungen kommen auf die Tagesordnung. In der EU laufen finale Vorbereitungen für ein einheitliches Vorgehen.

Die Kommission hat am Donnerstag an alle Mitgliedsländer einen Konsultationsvorschlag dazu verschickt, unter welchen Bedingungen sich Staaten an Unternehmen beteiligen können sollen. Die Unionsländer müssen nun Feedback geben. In der kommenden Woche sollen die Regeln fixiert werden. Das Papier ist nicht öffentlich. Neben der Möglichkeit, dass Staaten direkt in Unternehmen einsteigen, sollen auch Hybridformen bei Beteiligungen erlaubt sein – dazu später.

In der EU sind wegen strikter Wettbewerbsregeln Verstaatlichungen nur eingeschränkt erlaubt. In Krisenzeiten ist das gelockert. Doch die Kommission muss jeden Fall, bei dem größere Summen im Spiel sind, genehmigen. Die neuen Regeln sollen Klarheit darüber bringen, wann es eine Genehmigung gibt.

Erster Testfall dürfte die Airline-Industrie werden. In Deutschland verhandelt die Regierung bereits über einen Einstieg bei Lufthansa. Deutschland hat einen Stabilisierungsfonds eingerichtet, in dem 100 Milliarden Euro für Staatsbeteiligungen bereitstehen.

Großer Spielraum

In Österreich hat sich die Regierung bisher gegen Verstaatlichungen gesträubt. Gesetzlich ist das wohl möglich: So wurde eine Finanzierungsagentur des Bundes, die Cofag, gegründet. Über sie kann der Staat Unternehmen auffangen, die wegen Corona in Turbulenzen kommen. Das Gesetz ist so breit gefasst, dass auch Verstaatlichungen gedeckt sein dürften. Doch bisher waren ÖVP-Politiker skeptisch. Wobei sich der Tonfall geändert hat. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck wollte diese Woche eine Verstaatlichung der AUA nicht ausschließen. Sie sprach davon, dass vorerst kein Bedarf bestehe.

Österreich hat bereits in der Finanzkrise mit Staatsbeteiligungen gehadert. Die Republik stellte Banken ab 2009 Partizipationskapital, eine Hybridform der Hilfe, zur Verfügung. Dafür zahlten Banken zwar hohe Zinsen. Doch die Republik erwarb keine Anteile an Instituten, profitierte also nicht von späteren Wertsteigerungen und hatte kein Mitspracherecht. Vorteil einer Staatsbeteiligung aus Sicht eines Unternehmens ist, dass Eigenkapital im Gegensatz zu Krediten nicht rückbezahlt werden muss. Der Nachteil: Eigentümerrechte werden verwässert. (András Szigetvari, 11.4.2020)