Kanzler Sebastian Kurz und die Experten – eine schwierige Angelegenheit.

APA/Helmut Fohringer

Es ist die Zeit der Wissenschaft. Selbst ein Donald Trump, der so widersinnige Twitterbotschaften wie "Klimawandel basiert auf fehlerhafter Wissenschaft" um die Welt schickt, fand sich – bisher – mit den Richtigstellungen seines Chefvirologen Anthony S. Fauci ab. In Deutschland wirkt der Virologe und Institutsdirektor an der Charité in Berlin, Christian Drosten, gemeinsam mit dem Robert-Koch-Institut als wissenschaftliche Autorität in Sachen Covid-19. Schweden, das bei der Corona-Bekämpfung einen eigenen, riskanten Weg geht, hört auf den Staatsepidemiologen Anders Tegnell.

Kurz hat das Informationsmonopol

Und auch die österreichische Bundesregierung hat ... ja, wen eigentlich? Wo bleiben Österreichs wissenschaftliche Exzellenzen? Wo die hiesigen Faucis, Drostens und Tegnells? Warum stehen sie, die unsere Forschungsstätten ohne Zweifel erfolgreich repräsentieren, nicht längst vor dem Vorhang? Das Informationsmonopol "in Sachen Corona" hat Kanzler Sebastian Kurz. Die Deutungshoheit der Viruskrise liegt bei ihm. Kurz und seine Minister sind freilich medizinische Laien und können nur wiedergeben, was ihnen Wissenschaftler zu erklären versuchen.

Informationen – von wem konkret?

Kurz erwähnt zwar bisweilen, "Experten haben uns gesagt", lässt aber offen, woher er seine Informationen bezieht. Es werden kaum wissenschaftliche Befunde vorgelegt, keine überprüfbaren Daten, evaluierte Fakten oder Studien. Im Ö1-Mittagsjournal am Samstag sagte Sebastian Kurz, Experten im Krisenstab der Regierung leisteten zwar "einen wichtigen Beitrag". Sie würden aber "diametral" unterschiedliche Einschätzungen abgeben. Daher habe er in seiner Entscheidungsfindung auch Informationen aus Israel, Japan und Südkorea eingeholt. Von wem konkret?

Den schlampigen, ja ignoranten Umgang mit der Wissenschaft illustriert der Fall Martin Sprenger. Der Public-Health-Experte war Mitglied des Expertenstabs der Corona-Taskforce des grünen Gesundheitsministers Rudolf Anschober. Sprenger hatte das Schließen von Parks und Wandergebieten als "nicht nachvollziehbar" bezeichnet. Kurz sprach daraufhin von "falschen Experten", Sprenger trat zurück. Der Kanzler signalisiert, dass er diese "falschen Experten" nicht benötige, und stilisiert sich zum visionären europäischen Corona-Bekämpfer, der allen anderen Staatenlenkern vorzeigt, wie man eine Krise wie diese meistert. Ein hochgradig gefährlicher Akt der Selbstüberhöhung, dem Österreich unterworfen wird. (Walter Müller, 13.4.2020)