Gähnende Leere in den Tempeln der Kunst: Ohne Besucher herrscht Ebbe in den Kassen der Museen.

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Keine drei Monate ist es her, dass die Staatssekretärin für Kunst und Kultur mit 6,93 Millionen Besuchern einen neuerlichen Rekord für die Bundesmuseen und die Nationalbibliothek verlauten ließ. Reihum klopften sich die Verantwortlichen hinter den Kulissen auf die Schulter. Geschichte. Die Corona-Krise bedeutet eine Zäsur, nicht nur wegen der verordneten Schließung der Museen. Die erfolgreichsten Häuser stehen vor den Trümmern ihrer konzeptuellen Ausrichtung, die ohne Besuchermassen nicht funktioniert. Vor allem ohne die hunderttausenden Touristen nicht, die den Tankern einen wachsenden Eigendeckungsgrad um die 50 oder 70 Prozent ermöglichten.

Insofern legt die gegenwärtige Situation Versäumnisse der Kulturpolitik offen: Denn je erfolgreicher das Kunsthistorische Museum (KHM), das Belvedere oder die Albertina wirtschafteten, desto knausriger wurde das Thema Basisabgeltung gehandhabt.

Die ewige Basisabgeltung

Eine STANDARD-Umfrage zu Status und Ausblick unter den Bundesmuseen fördert nicht nur Verlierer zutage. Zum besseren Verständnis eine Zahlenspielerei aus den Bilanzen 2018, jene von 2019 liegen noch nicht vor: Die Basisabgeltung der Albertina, die in diesem Geschäftsjahr 13,67 Millionen Euro Umsatzerlöse erzielte, lag bei 7,74 Millionen Euro. Jene des Technischen Museums Wien (TMW) war mit 12,56 Millionen Euro höher, der Umsatzerlös mit 2,87 Millionen geringfügig. Der Personalaufwand schlug beim TMW mit 9,75 Millionen höher als bei der Albertina mit 7,2 Millionen zu Buche.

So abwegig die Gegenüberstellung dieser beiden Häuser sein mag, sie zeigt, was ihnen das Kurzarbeitsmodell bis Ende Juni bringt: Das TMW (60 Prozent von 220 Mitarbeitern) wird seine Bilanz optimieren können, da der erwartbare Umsatzverlust ("einstelliger Millionenbetrag") kaum ins Gewicht fällt. Für die Albertina, die bis Herbst mit einem Minus von bis zu 8,5 Millionen Euro rechnet, bringen 187 von 227 Mitarbeitern in Kurzarbeit nur eine minimale Einsparung.

Ähnlich wie beim TMW verhält es sich beim Mumok (100 von 136 in Kurzarbeit): Dessen Basisabgeltung belief sich 2018 auf 9,58 Millionen Euro, die Personalkosten auf 5,42 Millionen. Der Umsatzerlös lag bei 1,99 Millionen Euro, der bis Ende Juni prognostizierte Verlust liegt bei 800.000 Euro. Fazit: Massiv von Subventionen abhängige Museen trifft es nur geringfügig, und sie profitieren von der Kurzarbeit mehr als wirtschaftlich erfolgreichere Häuser.

Nicht abhängig

Beim Naturhistorischen Museum befindet sich vorerst niemand in Kurzarbeit, eine Evaluation erfolgt in den nächsten Tagen. Im Volkskundemuseum befinden sich zehn von 28 Mitarbeitern in Kurzarbeit. Da man nicht vom Tourismus abhängig ist, halten sich die Verluste in Grenzen.

Beim Museum für angewandte Kunst wird Mitte der Woche der Antrag für 100 Mitarbeiter gestellt. Das Minus soll sich dort bis Ende Juni auf etwa 1,5 Millionen Euro belaufen.

Nahezu entspannt bewertet die Österreichische Nationalbibliothek die Situation für sich und das Haus der Geschichte Österreich (HdgÖ). In Kurzarbeit befinden sich 203 Mitarbeiter, davon zwei des HdgÖ. Der bis Jahresende kalkulierte Verlust von rund 2,4 Millionen Euro wird zusätzlich über Einsparungen abgefedert. Ein zusätzlicher Subventionsbedarf bestehe "in der ÖNB aus heutiger Sicht nicht".

Ein Solidarbeitrag

Die ÖNB-Geschäftsführung war übrigens die erste, die einen Solidarbeitrag für die Dauer der Kurzarbeit leistete. Sie verzichtete ebenso wie die KHM-Führung auf 30 Prozent ihres Nettogehalts, beim Belvedere und beim MAK liegt man bei 20 Prozent, die in betriebsinterne Fonds für soziale Härtefälle unter Mitarbeitern fließen. Die Albertina wollte sich nicht dazu äußern, im Mumok überlegt man noch.

Für die nächsten Wochen und Monate zeichnen die "Tanker" jedenfalls ein düsteres Bild. Der KHM-Museumsverbund (397 von 700 Mitarbeitern in Kurzarbeit) rechnet mit einem Erlösentgang von bis zu 18,8 Millionen Euro. Im Belvedere (200 von 300 Mitarbeitern in Kurzarbeit) geht man von einem Verlust von acht bis zwölf Millionen Euro aus.

Eine kurzfristige Verlustabdeckung würde das nicht lindern, vielmehr bedarf es einer Neufestsetzung der Basisabgeltung. Denn es wird Jahre dauern, bis der Tourismus jene Besucherscharen beisteuert, die bisher sowohl die Arbeitsplätze als auch den Ausstellungsbetrieb sicherten. (Olga Kronsteiner, 14.4.2020)