Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist der Tod allgegenwärtig. Auch wenn die Situation hierzulande nicht so dramatisch ist wie in Italien oder den USA sind in Österreich Stand Sonntag über 600 Menschen mit und an den Folgen des Virus gestorben.

Für Bestatterinnen und Bestatter hat sich die Arbeit durch die Corona-Maßnahmen und die Infektionsgefahr verändert. Persönliche Termine im Vorfeld des Begräbnisses werden vorzugsweise durch Telefon oder E-Mail ersetzt, in Wien gibt es etwa einen Online-Bestattungskonfigurator, wo die Details zur Bestattung eingetragen werden können.

Bei Begräbnissen gelten die üblichen Schutzmaßnahmen und sie dürfen nur im engsten Kreis stattfinden, die Personenanzahl ist auf 30 begrenzt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Trauernden zur Familie gehören oder in einer Lebensgemeinschaft mit dem Verstorbenem waren, sondern lediglich in einem "nachvollziehbar begründbaren besonderen Naheverhältnis" standen.

Bestatter Rainer Wernhart in Schutzausrüstung.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Kein Weihwasser, keine Erde, kein Kondolenzbuch

Während dem Begräbnis steht kein Weihwasser bereit, wird keine Erde gestreut oder ins Kondolenzbuch eintragen. "Es wird nichts verwendet, das mehrere Personen berühren", sagt Rainer Wernhart. Er ist Bestatter und Sprecher des Bundesverbandes der Landesinnungen der Bestatter. Auch Aufbahrungshallen dürfen verwendet werden, solange sie nicht von den jeweiligen Gemeinden geschlossen werden. Im Innenraum gelten zehn Quadratmeter pro Person.

Dennoch sei es für manche Familien wichtig, erzählt Wernhart, dass auch der Freundeskreis oder die Ortsgemeinschaft Abschied nehmen können. "Gerade wenn Leute versterben, die im Ort eine Rolle gespielt haben, in Vereinen, im Kirchenchor, in der Politik waren." Einige würden sich deswegen für eine Kremierung entscheiden, um eine öffentliche Trauerfeier später nachholen zu können. Laut einem Sprecher der Bestattung Wien sei der Anteil an Feuerbestattungen von zehn auf 40 Prozent gestiegen.

Ansonsten ändert sich im Umgang mit Verstorbenen nichts, mit Covid-19-Toten jedoch schon. Die durch das Coronavirus ausgelöste Lungenkrankheit ist eine meldepflichtige, infektiöse Krankheit laut Epidemiegesetz. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem deutschen Robert-Koch-Institut (RKI) gibt es zwar keine belastbaren Daten, dass die Leichen ansteckend sind, weswegen aber davon ausgegangen werden muss, dass sie es sind. Für die Bestattungen heißt das: erhöhte Schutzmaßnahmen.

Umgang mit Verstorbenen

Um eine bundesweit einheitliche Vorgehensweise sicherzustellen, gab es im März dazu eine Anfrage der Salzburger Sanitätsdirektion. Das Gesundheitsministerium verschickte daraufhin ein Arbeitspapier mit Empfehlungen zum Umgang mit an Covid-19 Verstorbenen oder gestorbenen Verdachtsfällen, das auch an die Bestatter weitergeleitet wurde.

Während die Salzburger Sanitätsdirektion sagt, dass in dem Papier "nichts stehe, was wir nicht eh schon wussten", sagt Rainer Wernhart: "Das sieht strenge Empfehlungen vor". Das Arbeitspapier empfiehlt etwa, die Leichen nicht zu waschen, einzubalsamieren oder umzuziehen, sowie zur Vermeidung "unnötiger Aerosol-Bildung sollten im oder am Körper befindliche medizinische Hilfsmittel, wie intravenöse Zugänge, endotracheale Tuben oder ähnliches nicht entfernt werden". Die Bestatter hielten sich daran, sagt Wernhart. Wobei bis auf wenige Ausnahmen Covid-19-Patienten im Spital versterben, die Leichen von der dortigen Pathologie versorgt werden und die Bestatter diese abholen.

Anfang April hieß es dann auf STANDARD-Anfrage beim Gesundheitsministerium: Das Papier sei nicht offiziell, man empfehle – in Absprache mit den Sanitätsdirektionen –, sich an die vorliegenden Empfehlungen der WHO und des RKI zu halten. Diese sagen, man solle mit den Verstorbenen wie mit Influenza-Toten umgehen. "Bei neuen Viren besteht regelmäßig eine unklare Faktenlage, die im zeitlichen Verlauf auch zu Veränderungen in den Überlegungen führen kann", erklärt das Ministerium die Vorgehensweise. So können etwa Tuben nun nach einigen Stunden entfernt werden, auch dürfen Verstorbene umgezogen werden. Insgesamt sollte der Kontakt mit der Leiche aber auf ein Minimum reduziert werden.

Rainer Wernhart von der Bestattungs-Innung sorgt sich, dass nicht alle Berufskolleginnen und -kollegen ausreichend Schutzkleidung haben.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Schutzkleidung für Bestatter

Influenza ist allerdings keine laut dem österreichischen Epidemiegesetz meldepflichtige Krankheit und sieht keine spezifischen Schutzmaßnahmen vor. "Weil man es nicht besser weiß, muss man aber immer davon ausgehen, dass jemand infektiös ist. Deshalb tragen Bestatter Schutzkleidung mit Mantel und Handschuhen, nicht üblich sind aber Mundschutz oder Brille", sagt Wernhart. Er sorgt sich, dass die Bestatterinnen und Bestatter nicht ausreichend der knapp verfügbaren Schutzausrüstungen bekommen. Auf Anfrage betonen die Sanitätsdirektionen, dass die Bestatter ausgestattet wurden, oder bei erhöhtem Aufwand, mit Material versorgt werden – manche müssen sich aber selbst darum kümmern.

Ebenfalls anders als bei Influenza-Fällen werden die Verstorbenen übergeben: Die Bestatter erhalten derzeit die Corona-Verstorbenen von den Pathologien in sogenannten Bodybags, erzählt Wernhart. Das sei bei manchen "infektiösen Krankheiten" üblich. Die Leichensäcke dürfen von den Bestattern nicht mehr aufgemacht werden und kommen direkt in den Sarg, der anschließend desinfiziert wird. In Wien werden die Verstorbenen hingegen "nach den Standard-Prozessen" für meldepflichtige Krankheiten in desinfizierten Karbol-Einschlägen gebettet, so die zuständige MA15.

Beim Begräbnis bleibt der Sarg verschlossen. Das heißt: Wessen Angehöriger an Covid-19 verstirbt, bekommt diesen in der Regel nicht mehr zu Gesicht, außer man konnte sich im Spital oder zuhause verabschieden. "In dem WHO-Papier ist das alles nicht vorgesehen, man dürfte sogar den Sarg offen aufbahren. Ich schätze das Papier als Mindestmaß an Schutz ein", sagt Wernhart.

Digitale Trauer

Damit bei den Begräbnissen dennoch möglichst viele Leute teilnehmen können, bieten einige Bestattungen an, sie zu filmen oder live zu streamen. Bestatter Wernhart tut das nicht: "Ich glaube nicht, dass es einem das Gefühl vermittelt, wirklich dabei gewesen zu sein und die Anwesenden wissen auch nicht, wer überhaupt zusieht."

Digitale Gräber wie das der Wiener Friedhöfe sind eine Antwort auf die Begräbnisse im engsten Familienkreis.
Foto: APA/FRIEDHÖFE WIEN

Andrea Föderler sieht das ähnlich, sie hat sich für ihre Diplomarbeit in Kultur- und Sozialanthropologie an der Uni Wien mit sogenannten Online-Friedhöfen auseinandergesetzt. "Es ist sicher nicht schlecht, sich das anzusehen, gerade, wenn man sich von der Person nicht verabschieden und nicht zum Begräbnis konnte", sagt sie. Trauerarbeit leiste es aus ihrer Sicht aber nicht.

Hier würden Möglichkeiten wie etwa Online-Friedhöfe, aber auch Facebook-Kondolenzseiten oder das Digitale Grab, das die Wiener Friedhöfe kürzlich lanciert haben, helfen. In einem geschützten Onlinebereich kann man das Grab besuchen oder Bilder und Erinnerungen posten. "Im Internet hat man die Möglichkeit, zu trauern wie man das möchte und findet womöglich eine Trauergemeinschaft", sagt Föderler. Gerade in Zeiten des Abstandhaltens könne das einen Beitrag zur kollektiven Trauer leisten. (Selina Thaler, 10.05.2020)