Die Flaggen der EGU vor dem Austria Center Vienna begrüßen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Foto: Thomas Hofmann

Die alljährlich im Frühjahr stattfindende Generalversammlung der European Geosciences Union (EGU) gehört heute zu den größten Kongressen in Wien – 2019 kamen 16.273 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 113 Staaten. Ursprünglich wurde diese Veranstaltung im französischen Nizza abgehalten, wo zuletzt, 2004, insgesamt 6.297 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gezählt wurden. Die EGU vereint ein breites Spektrum an Themen im Bereich der Geowissenschaften im weiteren Sinne, so sind hier auch die Atmosphärenwissenschaften vertreten. Sie entstand aus der Fusion der European Union of Geosciences (EUG) und der European Geophysical Society (EGS) in den Jahren 2002/03.

Die EGU als europäische Vereinigung wollte auch durch wechselnde Austragungsorte der Generalversammlung diese europäische Gesinnung zum Ausdruck bringen. Zunächst ging man von Nizza nach Wien. Ziel war jedoch, nach Wien auch andere Austragungsorte zu finden. 2005 hatte der erste "Wiener Kongress" der EGU mit 8.068 TeilnehmerInnen eine Steigerung um mehr 20 Prozent gegenüber Nizza.

Das Internationale Jahr des Planeten Erde

Im Zuge des von der Uno ausgerufenen "Internationalen Jahres des Planeten Erde" 2008, das von der Unesco auf einen dreijährigen Zeitraum (2007 bis 2009) ausgedehnt wurde, kam es zu engen Kooperationen zwischen den heimischen Geowissenschaften und dem damaligen Präsidenten der EGU, Gerald Ganssen (Vrije Universiteit, Amsterdam), der die Präsidentschaft der EGU von 2007 bis 2009 innehatte.

Die österreichischen Geowissenschaften, vertreten durch das Österreichische Nationalkomitee für Geowissenschaften (ÖNKG) unter dem Vorsitz von Werner Piller (Universität Graz), starteten eine PR-Offensive unter dem Motto "Geologie ist alles". Die EGU griff 2008 diese Initiative auf und entwickelte den Ansatz weiter und machte daraus "Geosciences is responsibilty". Getragen, unterstützt und begleitet wurden die Initiativen vom Wissenschaftsministerium. Und so besuchte der damalige Wissenschaftsminister Johannes Hahn am 17. April 2008 die Generalversammlung der EGU im Austria Center Vienna.

Der damalige Wissenschaftsminister Johannes Hahn besuchte mit Werner Piller (Österreichisches Nationalkomitee für Geowissenschaften) im April 2008 die Generalversammlung der EGU im Austria Center Vienna.
Foto: Thomas Hofmann

Im Jahr 2009 wurde erstmals die 9.000er-Marke bei der Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer überschritten. Doch trotz erfolgreicher Besucherbilanzen wollte die EGU die folgenden drei Jahre im Sinne von "Wir sind in ganz Europa zu Hause" die nächsten Generalversammlungen in Paris abhalten. Am letzten Tag der Generalversammlung in Wien wurden Karten "Geosciences is motion" verteilt – mit der Botschaft: "From 2010 to 2012 we will meet in Paris." Doch aus der geplanten Tagung im Palais des congrès de Paris wurde nichts. Wien stand bereit, und so trafen einander Anfang Mai 2010 in Summe 10.463 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 94 Staaten. Doch der Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull auf Island im April 2010 hatte im Vorfeld Sorgen für jene verursacht, die per Flugzeug anreisten.

Die Präsidentschaft von Günter Blöschl

Von 2013 bis 2015 hatte die EGU mit Günter Blöschl (TU Wien, Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie) erstmals einen österreichischen Vorsitzenden. In seiner Ära hatten die Wiener Generalversammlungen erstmals ein Tagungsmotto, das alle Aspekte der Geowissenschaften vereinte.

Günter Blöschl (TU Wien) war von April 2013 bis April 2015 Präsident der EGU.
Foto: Thomas Hofmann

Die Tagung im Frühling 2014 stand unter dem Motto "The Face of the Earth". Dieses Motto war eine Referenz an den großen Geowissenschafter Eduard Suess (1831–1914), der am 26. April 1914, also 100 Jahre vorher, in Wien verstorben war. Suess schrieb nicht nur das dreibändige Monumentalwerk "Das Antlitz der Erde", das in mehrere Sprachen übersetzt wurde, er verwendete in seinem Buch "Die Entstehung der Alpen" die Begriffe "Atmosphäre", "Hydrosphäre" und "Lithosphäre" erstmals. Um eine bleibende Erinnerung zu schaffen, wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgefordert, einen Stein aus ihrem Heimatland mitzubringen – "Bring your own rock". Diese damals zusammengetragene Sammlung aus allen Kontinenten befindet sich heute im Foyer der Geologischen Bundesanstalt in Wien.

Bei der Generalversammlung 2014, "The Face of the Earth", waren Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgefordert: "Bring your own rock."
Foto: Thomas Hofmann

Die Tagung im Frühling 2015 stand unter dem Motto "A voyage through scales". Wie auch schon 2014, als die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Buch "The Face of the Earth: The Legacy of Eduard Suess" als Geschenk bekamen, gab es auch 2015 ein großformatiges Fotobuch, "A voyage through scales – the earth system in space and time" der Edition Lammerhuber, für die teilnehmenden Personen.

Die EGU – ein Blick nach vorne

Wien hat sich als erfolgreicher Standort für die Austragung der Generalversammlung erwiesen, die Termine bis 2024 im Austria Center Vienna sind fixiert. Im Jahr 2020, wo von 3. bis 8. Mai die EGU in Wien stattfinden hätte sollen, zeigt sich die Union unter dem Motto "Sharing Geoscience Online" kreativ. Mit 19 Zeitschriften, deren Artikel alle frei im Sinne des "Open Access" zur Verfügung stehen, ist die EGU ein wichtiger Wissensvermittler auf hohem wissenschaftlichem Niveau. Im Bereich Outreach ist die EGU sehr engagiert; das Portal Imaggeo entwickelte sich zu einer ständig wachsenden Plattform für Fotos und Videos, die Wissenschafterinnen und Wissenschaftern frei zur Verfügung stehen. Jährliche Fotowettbewerbe stellen zusätzliche Anreize dar. (Thomas Hofmann, 20.4.2020)