Still liegt der See. Die Sehnsucht wächst. Mehr als schmachten geht vorderhand aber nicht.

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Das Reden geht noch nicht. Das Sagen freilich hat er schon wieder, der burgenländische Landeshauptmann. Am Mittwoch hat Hans Peter Doskozil (SPÖ) – noch im Genesungsprozess nach seiner dritten Stimmbandoperation – wieder die Amtsgeschäfte übernommen. Per Aussendung hat er auch sofort das Wort ergriffen. Und, wie gewohnt, gleich für ordentliche Aufregung gesorgt. Das Burgenland schließe, hieß es nämlich, den Neusiedler See für Nichtburgenländer. Das Meer der Wiener für die Wiener.

Ganz so stimmt das natürlich nicht. Doskozil hat zur Amtswiederübernahme bloß die Verordnung seiner Stellvertreterin Astrid Eisenkopf, die am Ostermontag ausgelaufen ist, verlängert. Er selbst sagt sogar: entschärft. Die alte hat ja eine Komplettsperre der Seebäder vorgesehen. Nun dürfen zumindest Menschen, die im Umkreis von 15 Kilometern wohnsitzen, dort lustwandeln. Und die Bewohner von Seehütten und die Berufsfischer könnten nun unbehindert ein- und ausgehen.

Weitere Lockerungen

Diese neue Seebäderregelung gilt auch nur bis 30. April. "Danach wird – entsprechend der Entwicklung der Infektionszahlen – über weitere Lockerungsschritte entschieden", heißt es aus dem Büro Doskozil, das etwas erstaunt wirkt über den großen Unmut, der da – wie eine der Grundwellen, die den Neusiedler See zuweilen so gefährlich machen – auf einmal durchs Empörium der sozialen Medien schwappt, wo man den Burgenländern nun am liebsten mit Gegenmaßnahmen drohen möchte.

Die Landesverordnung vom 3. April, die nun, entschärft um Hütten und Fischer, bis Monatsende verlängert wurde, hatte freilich einen Anlass: Podersdorf. Dort war am letzten Märzwochenende schon solches Gedränge, dass die Bürgermeisterin, Michaela Wohlfart (ÖVP), sich gezwungen sah, das Seebad zu sperren. Auch Breitenbrunn und Neusiedl hatten aus Eigenem ihre Seezugänge gesperrt.

Großer Druck

Die Ortschefs waren deshalb teils mit heftigen Anfeindungen konfrontiert. Michaela Wohlfart hatte es nicht nur mit sonnenhungrigen Spaziergängern zu tun, sondern auch mit erlebnisorientierten Wassersportlern. Kitesurfen etwa ist ein nicht unriskanter Sport. "Aus dieser Ecke kommt aber auch der größte Druck in den sozialen Medien, endlich aufzumachen."

Man darf die Doskozil-Verordnung auch so verstehen, dass das Land die Verantwortung über Wiedereröffnung oder Weiterschließen den Chefs der Tourismusgemeinden von den Schultern genommen hat. Podersdorf-Aficionados dürfen nun auf Doskozil schimpfen und brauchen ihr Mütchen nicht mehr an Michaela Wohlfart zu kühlen.

Kirschenessen

SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner war hörbar irritiert, als sie auf Puls 24 von Corinna Milborn auf die Doskozil-Verordnung angesprochen wurde. "Ich würde meinen, der Neusiedler See gehört den Österreicherinnen und Österreichern." Und sie regte denn auch gleich eine Verfassungsprüfung an.

Die burgenländische SPÖ, mit der Rendi-Wagner schon in Vor-Corona-Zeiten nicht gut Kirschen essen konnte, ist freilich auch pingelig. Sie versteht zum Beispiel die Ausgangsbeschränkungsverordnung der Bundesregierung so, dass niemand ohne triftigen Grund viele Kilometer weit reisen dürfe. Nicht an den See. Nicht nach Parndorf, wo am Freitag das Outlet-Center öffnet. "Trotz Nachfrage unseres Krisenstabes ging die Bundesregierung von dieser Regelung nicht ab. Das steht für mich in einem krassen Widerspruch zu den strengen Ausgangsbeschränkungen, die nach wie vor gelten. Zugespitzt formuliert: Einerseits konnten Omas und Opas zu Ostern ihre Enkelkinder nicht sehen, andererseits können diese ab Freitag gemeinsam mit hunderten anderen Menschen in Parndorf shoppen. Bei allem Verständnis für wirtschaftliche Interessen: Das ist weder gerecht noch nachvollziehbar." So Hans Peter Doskozil, der seit Mittwoch wieder amtierende burgenländische Landeshauptmann. (Wolfgang Weisgram, 17.4.2020)