Bei Hochwasser ist noch nicht alles im Eimer. Betriebsunterbrechungen wegen Extremwetters oder Rohrbruchs sind häufig versichert.

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Ein Szenario: Man versichert seinen Betrieb gegen einen Ausfall wegen allerlei Naturkatastrophen. Dann bricht die Corona-Pandemie aus, die Wirtschaft kommt zum Erliegen, der eigene Betrieb muss zusperren – aber es gibt kein Geld von der Versicherung, trotz Betriebsunterbrechungspolizze. Dieses Szenario ist nicht weit hergeholt, sondern für viele heimische Unternehmen bittere Realität.

Österreichs Betriebe sind gegen vieles versichert. Typischerweise gegen Feuer, Hochwasser, Extremwetter – die Liste von Naturereignissen, gegen die Assekuranzen im Regelfall versichern, variiert von Branche zu Branche und von Betrieb zu Betrieb. Gegen Schäden durch Seuchen, so hört man von österreichischen Versicherungen, haben jedoch die allerwenigsten Betriebe vorgesorgt. Wüstenrot etwa versichert keine Betrieb gegen Betriebsunterbrechungen wegen Seuchen. Bei anderen Anbietern, bei denen Betriebsunterbrechungsversicherungen einen größeren Anteil des Geschäfts ausmachen, ist von einem einstelligen Prozentsatz von Kunden die Rede. Keine zehn Prozent der Kunden seien gegen Betriebsunterbrechungen aufgrund von Pandemien versichert.

Das hat mehrere Gründe. Einer ist, dass es hierzulande keine pauschalen Versicherungen gegen "Naturkatastrophen" gibt. Schäden, für die ein Ersatz nicht sinngemäß im Vertrag erfasst ist, sind auch nicht versichert, erklärt Stefan Perner, Rechtsprofessor und Versicherungsexperte an der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU). Wer eine Pandemie oder Seuche nicht als Versicherungsgrund vereinbart hat, könne deshalb nicht stets erwarten, dagegen versichert zu sein.

Erwartung vs. Wirklichkeit

Viele Unternehmer seien jedoch überrascht, dass ihre Versicherung nicht für Betriebsausfälle aufgrund einer Pandemie gilt, weiß Perner: "Ob eine Versicherung einen Schaden abdeckt, hängt davon ab, ob der Versicherte dies berechtigterweise erwarten kann." Deshalb solle man beim Abschluss einer Versicherung am besten einen Makler heranziehen, wie der Experte erklärt.

Es gibt aber einen weiteren Grund, weshalb heimische Versicherer Betriebe kaum gegen Seuchen versichern. Zwar gibt es Unternehmen, die vorausschauend genug waren, auch Seuchen in den Vertrag zu verhandeln. Das prominenteste Beispiel stammt nicht aus Österreich: Das Tennis-Grand-Slam-Tournier von Wimbledon ist gegen eine Absage aufgrund des neuartigen Erregers versichert. Eine flächendeckende Versicherung gegen Pandemien wird es aber wohl nie geben. Denn eine Versicherung gegen Schäden durch eine Pandemie würde die Grundidee von Versicherungen ad absurdum führen.

Grundkurs Versicherung

Versicherungen funktionieren im Prinzip so: Alle zahlen ein und versichern sich beispielsweise gegen ein Hochwasser. Steht ein versicherter Betrieb wegen Hochwassers still, wird der Schaden auch aus den Beiträgen aller anderen Kunden gedeckt, die nicht betroffen sind. "Eine Pandemie trifft aber alle, nicht Einzelne", erklärt Perner. Versicherungen würden selbst in Schwierigkeiten geraten, würden sie stets Schäden durch Pandemien abdecken.

Ein Hochwasser könnte aber auch ein ganzes Gewerbegebiet lahmlegen und für einen Anbieter zu teuer werden. Für solche Fälle gibt es Rückversicherungen – Versicherungen für Versicherer. Aber auch die können nur gegen Schäden versichern, die nicht alle Kunden auf einmal heimsuchen. (Aloysius Widmann, 17.4.2020)