Der Ball soll Mitte Mai wieder rollen.

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Wien – Ein Neustart der wegen der Coronavirus-Pandemie unterbrochenen österreichischen Fußball-Bundesliga könnte Mitte Mai erfolgen. "Wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist, ist schwierig zu beurteilen. Aber ich halte es für möglich", sagte Ligavorstand Christian Ebenbauer nach der Video-Klubkonferenz am Donnerstag auf einer Online-Pressekonferenz.

Bis es so weit ist, müssten aber noch zahlreiche offene Fragen geklärt werden, meinte der Wiener. Konkreter wurde Ebenbauer bei der Wiederaufnahme des Trainings der Oberhaus-Klubs und von Cupfinalist Austria Lustenau in Kleingruppen – dies sei ab Dienstag denkbar.

Ständiger Austausch mit Ministerien

Am Tag davor ist die dementsprechende Verordnung des Gesundheitsministeriums zu erwarten. Dann dürfte laut Ebenbauer feststehen, in welcher Form die Kleingruppentrainings über die Bühne gehen sollen. Darüber hinaus stehe man punkto medizinisches Gesamtkonzept in ständigem Austausch mit dem Sport- und Gesundheitsministerium, erklärte Ebenbauer.

Das gilt auch im Zusammenhang mit den Tests auf das Coronavirus, die regelmäßig und in großer Zahl durchzuführen wären. "Der Fußball hat natürlich nicht Vorrang gegenüber systemrelevanten Einrichtungen. Wenn Testkapazitäten fehlen, würde der Ball nicht rollen. Sicherheit geht vor, Gesundheit geht vor. Aber wenn wir die Kapazitäten und die finanziellen Rahmenbedingungen bekommen, wollen wir schnellstmöglich wieder starten", betonte der Liga-Vorstand.

Die Tests würden die Liga beziehungsweise ihre Klubs eine siebenstellige Summe kosten. Daher hofft Ebenbauer in dieser Angelegenheit auf finanzielle Unterstützung von UEFA, Bundesregierung und Werbepartnern.

Minimal 161 Personen bei Geisterspiel

Laut Ebenbauer geht man derzeit davon aus, dass bei einem Geisterspiel "minimal 161 Personen" in einem Stadion anwesend wären. Darin inkludiert sind etwa Spieler, Betreuerstab, Schiedsrichter, Ballbuben, Mitarbeiter der TV-Produktion und eventuell Journalisten.

Die Spiele würden jeweils in den Heimstadien der Klubs über die Bühne gehen, an eine beschränkte Anzahl von Austragungsstätten oder Quarantäne für alle Spieler und Betreuer sei nicht gedacht, so Ebenbauer. Der 44-Jährige hofft, dass sich Fans bei Geisterspielen nicht vor einem Stadion versammeln würden. "Ich gehe davon aus, dass sie so vernünftig sind und die Maßnahmen weiterhin umsetzen werden, um den Spielbetrieb nicht zu gefährden."

Etwaiger Erkrankungsfall als Problem

Gefährden könnte den Spielbetrieb auch ein positiver Coronavirus-Test eines Akteurs. Was in diesem Fall passieren würde, ließ Ebenbauer offen. Sollte der Ball zunächst wieder rollen und nach einigen Runden wieder abgebrochen werden, würde man nach den Angaben des Vorstands bei der Vergabe der Europacup-Plätze die aktuelle Tabelle nach den 22 Runden des Grunddurchgangs heranziehen.

In diesem Fall wäre der SKN St. Pölten abgestiegen – aber nur dann, wenn auch die zweite Liga zu Ende gespielt werden kann. Die Chance dazu besteht theoretisch, denn die zweithöchste Spielklasse wurde noch nicht abgebrochen. Allerdings dürfen die Zweitligisten in der kommenden Woche nicht mit dem Training beginnen, weil sich die erwartete Verordnung des Gesundheitsministeriums laut Ebenbauer nur auf die Erstligisten plus Cupfinalist Austria Lustenau bezieht.

Arbeiten an genauem Zeitplan

In der Zweiten Liga sind noch elf Runden ausständig, in der Bundesliga zehn Spieltage sowie das drei Partien umfassende Playoff um einen Startplatz in der Europa-League-Qualifikation. Zudem fehlt noch das Cupfinale zwischen Salzburg und Lustenau. Etwas mehr Klarheit über den Zeitplan könnte am 24. April bestehen, wenn wieder eine Klubkonferenz steigt.

Die bisher letzten Bundesliga-Partien gingen am 8. März über die Bühne. Ein Abschluss bis 30. Juni wäre bei einem Neustart Mitte Mai und englischen Runden möglich. Die Uefa erlaubt nach derzeitigem Stand auch Spiele bis in den August hinein. Für Bundesliga-Matches über den 30. Juni hinaus wäre laut Ebenbauer aber ein ÖFB-Präsidiumsbeschluss notwendig.

Adaptierte Lizenzierung

Die Bundesliga hofft darauf, dass trotz der Pandemie kein Klub auf der Strecke bleibt. Um das zu ermöglichen, wird das Lizenzierungsverfahren aufgeweicht. "Wir werden bei der Hauptversammlung Anfang Mai beschließen, dass wir unser strenges Lizenzierungsverfahren an die Gegebenheiten anpassen werden", verkündete Ligavorstand Raphael Landthaler.

Bestimmungen und Fristen würden dabei angepasst werden. "Somit können die Lizenzen und Zulassungen Mitte Mai bestimmungsgemäß erteilt werden", so Landthaler. Gemeinsames Ziel sei es, im nächsten Jahr zur Normalität zurückzukehren und die Meisterschaft mit so vielen Klubs wie jetzt spielen zu können. "Ich bin mir sicher, dass wir als Solidargemeinschaft nur zusammen die Krise bewältigen werden."

Für die Vereine ist nicht nur das Verbandsrecht maßgeblich, sondern auch das Unternehmensrecht. "Hier ist vorgesehen, dass jedes Unternehmen bei einer krisenhaften Entwicklung prüfen muss, ob der Fortbestand gesichert oder gefährdet ist", so Landthaler. Das eruieren nun die Klubs. "Wir werden hier als Bundesliga sicher nicht strenger sein, als es das österreichische Gesellschaftsrecht vorsieht", kündigte Landthaler an.

Ausgleichszahlungen für massiv betroffene Klubs

Gemeinsam mit dem Sportministerium gehe es darum, "die zweckmäßigste Möglichkeit zu finden, um unseren Klubs, die massiv von der Krise betroffen sind, Ausgleichszahlungen oder Liquidität zukommen lassen zu können", schilderte der Ex-Rapid-Finanzchef.

Momentan gehen noch alle davon aus, dass die Saison, in der "nach 69 Prozent der Spiele bereits 78 Prozent des Bruttowerbewerts der Vorsaison erreicht werden konnte", zu Ende gebracht werden kann. Das Szenario der Abbruchs hängt aber als Damoklesschwert über den Klubs. Die wären im Fall der Fälle klarerweise unterschiedlich betroffen. "Man kann das nur von Klub zu Klub beurteilen, eine pauschale Aussage kann man da nicht machen", so Landthaler. Viel hänge dabei auch insgesamt vom Zeitpunkt des Abbruchs sowie den Verhandlungen mit den Partnern ab. (APA, 16.4.2020)