
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Freitag ohne Taferl, dafür mit grünem Mundschutz.
Phase zwei heißt Öffnung, das war die zentrale Botschaft des Gesundheitsministers Rudolf Anschober (Grüne) in den vergangenen Tagen. Unmittelbar damit verknüpfter Nachsatz: schrittweise, kontrolliert und gesichert. Diese Öffnung sollen nun auch Gesundheitseinrichtungen, konkret Spitäler und Arztpraxen, vollziehen.
Die Pläne dafür, so betonen Anschober und Michael Binder, Direktor des Wiener Krankenanstaltenverbunds und Mitglied im Fachbeirat des Gesundheitsministeriums, sind nicht einheitlich und noch nicht fertig ausgestaltet. Aber sie laufen an.
Kurze Rückschau: Am 12. März ging vom Gesundheitsministerium eine Empfehlung an die Länder und Spitalsträger, Operationen, die nicht unbedingt nötig sind, zu verschieben, um Kapazitäten für Covid-19-Patientinnen und -Patienten zu schaffen und um Einrichtungen vor einer Einschleppung des Virus zu schützen. In den nächsten Wochen folgten mehr oder minder dringliche Warnungen, die österreichische Intensivmedizin werde bald überlastet, Betten würden knapp.
Länder gehen eigene Wege
In den vergangenen Tagen standen die Zeichen auf Entwarnung: Die Überlastung blieb vorerst aus, die im März gesetzten Schritte waren "richtig und gut", sagte Anschober am Freitag bei einer Pressekonferenz rückblickend. Nun aber, nachdem auch erste Geschäfte wieder geöffnet wurden, müsse dies auch für Spitäler gelten.
Länder und Betreiber sollen also, so Anschober, ab sofort "Schritte in Richtung Normalisierung erarbeiten". Schutz der Einrichtungen bleibe dennoch die erste Priorität, schnelle Schritte werden weder erwartet noch gewünscht: "Es wird sicher noch länger keine Normalsituation in Spitälern geben", sagt Anschober.
Zur zeitlichen Planung heißt es von Binder, man sei in einem "nun in Wochen zu beziffernden Prozess", in dem man sich an einen Normalzustand herantaste. Die logistische Herausforderung sei nun, Covid-Patientinnen und -Patienten von anderen fernzuhalten. Das bedeute, es werde in Krankenhäusern "Situationen geben", in denen man Personen auf Aufnahmestationen aufnimmt und dort testet, sie dann erst nach einem negativen Ergebnis in den Normalbereich kommen. Alternativ würden, so Binder, auch Möglichkeiten entwickelt, "wo man Patienten auch außerhalb des Krankenhauses testet, das dann bei uns analysiert wird und Personen mit negativem Test auf die Station angenommen werden". Das erfolge in Krankenanstalten bereits jetzt schon so. Besuchsverbote bleiben aufrecht, betonen Anschober und Binder.
Mundschutz in Arztpraxen
Auch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sollen nun Richtung Normalzustand gehen. Von der Ärztekammer gibt es dazu die Empfehlung, dass die telefonische Voranmeldung priorisiert werden solle, außerdem solle es ein jeweils individuelles Wartezimmermanagement geben, Abstände sollen eingehalten werden. "Das Ziel ist, dass Patientinnen und Patienten in Ordinationen einen Mund-Nasen-Schutz verwenden", sagt Anschober, einen entsprechenden Erlass werde es jedoch nicht geben.
Die Intensivbettenkapazitäten in Zahlen: 1.200 davon werden derzeit für Covid-19-Patientinnen und -Patienten freigehalten. 227 Coronavirus-Erkrankte sind momentan in intensivmedizinischer Betreuung, man gehe davon aus, dass die Zahl Ende April auf etwa 150 sinken wird, sagt Herwig Osterman vom Covid-Prognose-Konsortium. Was die Dauer des Krankenhausaufenthalts angeht, musste man die Prognose verändern: Derzeit geht das Konsortium davon aus, dass 80 Prozent der Coronavirus-Fälle auf der Intensivstation dort 21 Tage lang sind, die restlichen 20 Prozent sogar länger.
Positive Entwicklung der Zahlen
Die generellen Infektionszahlen seien in Österreich erfreulich, sagt der Gesundheitsminister, die Zuwachsrate liege bei 0,8 Prozent, laut Anschober "einmalig in Europa". Der Reproduktionsfaktor liege derzeit konstant unter eins, aktuell bei 0,63 – das beudetet, dass eine infizierte Person weniger als eine weitere ansteckt.
Die Zahl der aktiv Erkrankten war erstmals wieder unter 5.000, während mittlerweile über 700 Personen neu genesen sind. In den vergangenen 24 Stunden registrierte man nur 107 Neuerkrankungen, das sei ein großer Erfolg, der Trend sei richtig: "Da gibt es eine Feierminute, wenn wir die Dreistelligkeit unterschreiten", sagt Anschober. (Gabriele Scherndl, 17.4.2020)