Die Bahn eines Himmelskörpers um ein Zentralobjekt hat zu jeder Zeit die Form einer Ellipse (die aktuelle Phase in Rot), doch ändert sich die Richtung der Rotationsachse mit jeder Drehung. Die zeitliche Dimension miteinbezogen, wird daraus die Form einer Rosette.
Illustration: ESO/L. Calçada

Garching – Manchmal heißt es einfach Augen zu und durch, wenn Wissenschafter in voller fachlicher Unschuld zu einem Wording greifen, das die Posting-Reaktionen schon erahnen lässt. Wie im vorliegenden Fall, wenn das Max-Planck-Institut für Astronomie von einem Stern spricht, dessen Bahn eine Rosette um das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße bilde ...

[Kurze Pause]

Nachdem sich jetzt wieder alle eingekriegt haben, ist es Zeit für einen Blick darauf, worum es eigentlich geht. Besagter Stern mit der schlichten Bezeichnung S2 zieht durch eine kosmische Region, die um einiges turbulenter ist als die Nachbarschaft unseres Sonnensystems. Etwa 26.000 Lichtjahre von uns entfernt, kreist der Stern nämlich um das supermassereiche Schwarze Loch Sagittarius A*, das sich im Zentrum der Milchstraße befindet.

Ergebnis jahrzehntelanger Messungen

Für einen Umlauf um das Schwerkraftungeheuer, das etwa 4,1 Millionen Sonnenmassen hat, benötigt der Stern nur etwa 16 Jahre. Er rast im rund 120-Fachen der Distanz zwischen Erde und Sonne um das Schwarze Loch und erreicht dabei bis zu drei Prozent der Lichtgeschwindigkeit.

Im Fachjournal "Astronomy & Astrophysics" hat ein Team um Reinhard Genzel vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) nun das Ergebnis jahrzehntelanger Präzisionsmessungen der Bahn des Sterns vorgelegt. Und diese Messungen bestätigen Prognosen Albert Einsteins exakt.

Hintergrund

Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie sagt vorher, dass sich die Bahnen von Himmelskörpern selbst nach und nach drehen, und zwar um den Punkt, den der jeweilige Himmelskörper umkreist. Indem sich diese elliptische Bahn bei jedem Umlauf ein Stück dreht, ergibt sich daraus nach und nach die Form einer Rosette.

Dieser in der Regel sehr kleine Effekt wurde zuerst beim Planeten Merkur auf seiner Bahn um die Sonne gemessen. Mit ihrer fast drei Jahrzehnte langen Beobachtungsreihe und im Lauf der Zeit immer genauer werdenden Messinstrumenten haben die Forscher nun diesen als Schwarzschild-Präzession bezeichneten Effekt auch bei S2 nachgewiesen.

Die Ergebnisse untermauern nicht nur, dass es sich bei Sagittarius A* tatsächlich um ein supermassereiches Schwarzes Loch handelt (was streng genommen immer noch eine Annahme ist). Die Beobachtungen erlauben nach Angaben der Forscher auch bessere Einschätzungen über das Vorhandensein weiterer Schwerkraftquellen im Milchstraßenzentrum, die nicht sichtbar sind – seien es kleinere Schwarze Löcher, sei es gar die nach wie vor nicht identifizierte Dunkle Materie. (red, 17. 4. 2020)