Mit einem Budgetdefizit von 6,6 Prozent des BIP in seinem ersten Jahr im Amt hätte Finanzminister Gernot Blümel wohl nur in seinen schlimmsten Alpträumen gerechnt. Genau dies blüht ihm jedoch laut Berechnungen des Fiskalrats.
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Laut Berechnungen des Fiskalrat-Büros wird sich die Coronakrise im laufenden Staatshaushalt mit einem Minus von 25,6 Milliarden Euro niederschlagen. Das wären 6,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Der budgetäre Gesamteffekt der von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen beträgt in diesem Szenario 16,1 Mrd. Euro, heißt es in einem Freitagnachmittag veröffentlichten Papier.

Der Restanteil ist dem "makroökonomischem Schock" auf der Einnahmenseite geschuldet, dem Fiskus würden dadurch 9,5 Mrd. Euro entgehen. In dieser ersten Modellrechnung bewerteten die Experten die Schockwirkung auf die Nachfrage stärker, in einem zweiten Szenario, das Angebotschocks stärker gewichtet, wird das Budget-Defizit "nur" mit 23,5 Mrd. (6,1 BIP-Prozent) beziffert. Zugrunde gelegt wurde in beiden Fällen eine Schockdauer von bis zu 12 Wochen, die zu einer Reduktion des realen BIP um 4,6 Prozent führt.

EU erweiterte Spielraum

Abzusehen ist jedenfalls, dass Österreich die normal im Rahmen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts erlaubte Defizitgrenze von drei Prozent des BIP sprengen wird. Wegen der Aktivierung der "allgemeinen Ausgleichsklausel" durch die Europäische Kommission ist der Spielraum für Budget-Verfehlungen aber massiv erweitert. Unklar ist allerdings noch, wie diese Klausel im Detail umgesetzt wird.

Grundsätzlich gilt, dass Budget-Prognosen derzeit mit einem hohen Maß an Unsicherheit behaftet sind. Am 30. März war in einer Fiskalrat-Erstabschätzung der Corona-Auswirkungen noch von einem Minus von 20,2 Mrd. im Nachfrageschock-Szenario die Rede gewesen. Der Effekt durch die Covid-19-Maßnahmen der Regierung wurde mit 9,9 Mrd. angeführt. In den knapp zwei Wochen seither sind aber noch weitere Hilfsprogramme dazugekommen, weshalb das erste Papier nun adaptiert werden musste.

Auch für die nächsten Wochen sei "eine laufende Anpassung der hier getroffenen Abschätzung" geboten, etwa weil die tatsächlichen budgetären Auswirkungen von der Inanspruchnahme der Einzelmaßnahmen abhängen. Die wichtigste Variable ist aber wohl, wie lange es dauert, bis die Gesellschaft wieder komplett "hochgefahren" ist. Das Finanzministerium selbst wies im am 18. März 2020 veröffentlichten Stabilitätsprogramm darauf hin, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise in Österreich noch nicht abschätzbar seien.

Drei Szenarien

Grundsätzlich gebe es drei mögliche Szenarien für die längerfristige Entwicklung des Wirtschaftswachstums: eine dauerhafte Senkung ("L"-Verlauf), einen Einbruch mit anschließend wieder "normalen" Wachstumsraten ("V"-Verlauf) sowie eine kurze Phase der Überkompensation des Wachstumsverlust nach der Krise, ehe es wieder zu moderatem Wachstum kommt. Letzteres wird damit erklärt, dass bei stabiler Nachfrage die Produktion nach Abklingen der Pandemie durch Sonderschichten überdurchschnittlich ausgeweitet werden könnte.

Es gebe aber nicht nur negative Effekte der Krise, heißt es in der Stellungnahme des Ministeriums. So seien die Zinsen auf Staatsschulden wie auch die Ölpreise bereits gesunken, ebenso könnte sich die CO2-Bilanz verbessern und zu sinkenden Preisen bei Emissionszertifikaten für die vom Emissionshandel erfassten Sektoren führen. (APA, 18.4.2020)