Wahrend die zwölf Oberhausklubs der Fußball-Bundesliga die Vorbereitungen auf die angestrebte Fortsetzung der Meisterschaft in dieser Woche starten, hängen die Spieler der semiprofessionellen zweiten Liga in der Luft. Für sie gibt es keine Erlaubnis fürs Kleingruppentraining. Nur Cupfinalist Austria Lustenau bekam die Bewilligung. In einem offenen Brief an die Bundesregierung und das eigene Gremium fordern nun die Spielervertreter der Zweiten Liga eine Gleichbehandlung.

STANDARD: Die Erstligisten dürfen laut Regierungsbeschluss wieder auf dem Platz trainieren, Vereine der zweiten Liga nicht. Ist das nachvollziehbar?

Zirngast: Absolut nicht. Um das gleich zu Beginn klarzustellen: Wir reden hier nicht von Meisterschaftsspielen. Es geht darum, dass man den Burschen nicht verbieten kann zu trainieren. Es gibt 500 Berufsfußballer in der ersten und zweiten Liga, und 200 erlaube ich, ihren Beruf auszuüben, und dem Rest nicht? Ich verstehe nicht, warum sich Regierung da nicht besser informiert und mit Experten geredet hat. Das ist so, als würde man sagen, es darf nicht jeder einkaufen gehen. Die Frauen schon, die Männer nicht. Das ist reine Willkür, es gibt kein Argument dafür, und das ärgert mich.

Gernot Zirngast: "Die Trainings sind leichter zu organisieren, als wenn die Leute einkaufen gehen."
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STANDARD: Die Bundesliga hat den Beschluss so zur Kenntnis genommen.

Zirngast: Dass die Bundesliga das abgenickt hat und sich nicht für die zweite Liga starkgemacht hat, stört uns. Entweder es dürfen alle trainieren oder niemand. Die Bundesliga wollte wohl nicht in Gefahr kommen, dass auch den Topvereinen das Training verboten bleibt, wurde wahrscheinlich selbst überrascht. Grundsätzlich denke ich, dass beide Bewerbe sportlich durchgebracht werden sollten.

STANDARD: Wie Training unter Sicherheitsauflagen funktionieren kann, zeigt Deutschland vor.

Zirngast: Die Trainings sind leichter zu organisieren, als wenn die Leute einkaufen gehen. Rapid-Arzt Thomas Balzer sagt, dass nicht einmal Tests notwendig sind. Für die Fußballer ist das ein kurz angelegter Beruf, sie haben zehn, maximal 15 Jahre Zeit, um ihn auszuüben. Spielt ein Zweitliga-Spieler ein halbes oder Dreivierteljahr nicht, dann hat er nicht nur einen Karriereknick, sondern steht womöglich vor dem Problem, ob er überhaupt seinen Beruf fortsetzen kann. Dieser Beschluss bedeutet im Grunde ein Berufsverbot. Eine zweite Mannschaft von Rapid darf nicht trainieren, obwohl sie aus Profis besteht.

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Was Meister Red Bull Salzburg und den anderen elf Oberhausklubs seit dem 20. April erlaubt ist, dürfen 15 der 16 Zweitdivisionäre nicht: trainieren in Kleingruppen.
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STANDARD: Was bedeutet das für die Zukunft der Spieler?

Zirngast: Mit Ende Mai laufen 75 Prozent der Verträge in der zweiten Liga aus, es droht Arbeitslosigkeit. Wodurch es noch schwieriger wird zu trainieren, weil die Spieler an keinem Mannschaftstraining mehr teilnehmen dürfen. Einen Fußballer kannst du nicht wie einen Bauarbeiter von heute auf morgen auf die Baustelle schicken. Ein Fußballer braucht eine Vorbereitung, Vorlaufzeit. Die große Mehrheit der Spieler will wieder auf dem Platz stehen.

STANDARD: Ist der Fußball dennoch privilegiert im Vergleich zu anderen Sportarten?

Zirngast: Finde ich nicht. Wenn die Eishockeyprofis trainieren wollen, dann werden sie das in Kleingruppen organisieren, sobald es möglich ist. Wenn es heißt, alle Berufssportler dürfen nicht trainieren, dann akzeptieren wir das. Zwischen einem Marco Grüll aus Ried und einem Gernot Trauner aus Linz gibt es aber keinen Unterschied, außer 80 Kilometer Entfernung, und die Luft wird in Ried nicht anders sein als in Linz.

STANDARD: Austria Lustenau darf als einziger Zweitligist trainieren, weil die Vorarlberger im Cupfinale stehen. Wie beurteilen Sie diese Entscheidung?

Zirngast: Das ist die Spitze des Eisberges und klare Wettbewerbsverzerrung. Zwecks Training gibt es Vereine in der zweiten Liga, die weitaus bessere Trainingsmöglichkeiten haben als Lustenau und nun durch die Finger schauen. In Horn gibt es sechs, sieben Plätze, dort kann die gesamte Mannschaft zur gleichen Zeit trainieren. Wenn die Spieler individuell anreisen, dann sehen sich die am Platz nicht einmal. Die Entscheidung, ob trainiert werden kann, sollte den Vereinen überlassen werden, nicht der Regierung. (Florian Vetter, 21.4.2020)