Vor der Sitzung des niederösterreichischen Landtags desinfizierten Spezialisten des Bundesheeres den Sitzungssaal.

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Mehr Abstand zwischen den Abgeordneten, Plexiglas vor dem Rednerpult – und vor der Sitzung noch eine gründliche Desinfektion des Saals: Die Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus haben auch die niederösterreichische Demokratie erreicht, zu sehen bei der Sitzung des Landtags in der Vorwoche. Im Rahmen eines großen Covid-19-Pakets wurden dort auch Regelungen für Gemeinderatssitzungen in Pandemiezeiten beschlossen. Regelungen, die von der Opposition heftig kritisiert werden.

Nicht weniger als "einen weiteren Schritt zur Abschaffung der Demokratie" in Niederösterreich sieht die dortige Grünen-Chefin Helga Krismer in den Ausnahmeregelungen für Gemeinderäte. Sie dürfen bis Ende des Jahres per Videokonferenz zusammentreten – oder überhaupt Beschlüsse gleich per Umlauf fassen. Das verhindert nicht nur eine Diskussion, sondern auch etwa Abänderungsanträge.

Für die Grünen werden die Gemeinderäte zu einem "Abnick- und Beschlussorgan" der Bürgermeister. Auch die Neos kritisieren, dass die Beschlüsse "einer Stilllegung der Demokratie auf Gemeindeebene" gleichkämen.

Öffentlichkeit ausgeschlossen

Tritt der Gemeinderat per Videokonferenz zusammen, ist eine Veröffentlichung der Aufzeichnung davon nun doch nicht verpflichtend. Ein entsprechender Passus im Gesetz wurde kurz vor Sitzungsbeginn von der ÖVP gestrichen. Die Öffentlichkeit ist damit von den Sitzungen ausgeschlossen.

Die Grünen sehen grundsätzlich nicht ein, warum die Gemeinderäte nicht wie bisher physisch zusammentreten müssen – unter Einhaltung aller Hygienemaßnahmen, wie das der Nationalrat und die Landtage ja auch tun.

ÖVP vertraut auf Sensibilität der Bürgermeister

Die Regelungen wurden von den Regierungsparteien ÖVP, SPÖ und FPÖ beschlossen. Ein Sprecher des VP-Klubs erklärt auf STANDARD-Anfrage, dass die Gemeinderäte ja weiterhin auch räumlich zusammenkommen können, wenn sie das wollen – und dass ihre Beschlüsse auch weiterhin veröffentlicht werden müssen. Abänderungsanträge bei Umlaufbeschlüssen seien "praktisch undurchführbar". Heikle Beschlüsse würden aber ohnehin nicht im Umlauf gefällt, da seien die Bürgermeister verantwortungsbewusst genug.

Und die Vorgabe zur Aufzeichnung von Videositzungen sei deshalb gefallen, weil vor allem in kleineren Gemeinden das technische Equipment dafür schlicht nicht vorhanden sei. Und wo das der Fall ist, sei die Veröffentlichung natürlich erlaubt. (Sebastian Fellner, 21.4.2020)