Für den Europarechtsexperten Obwexer wären Grenzöffnungen ganz im Sinne der Grundfreiheiten in der EU.
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Nach dem Vorstoß von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), wonach Österreich insbesondere Touristen aus Deutschland bei entsprechender Entspannung in der Gefährdungslage durch das Sars-CoV-2-Virus im Sommer die Einreise erlauben könnte, hat sich der EU-Experte Walter Obwexer grundsätzlich für eine solche Lösung ausgesprochen. "Das ist unionsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar geboten", sagte der Professor für Europarecht an der Universität Innsbruck.

Nach den EU-Schengen-Regeln müssen Mitgliedsstaaten Binnengrenzen im Prinzip offenhalten und "die vier Grundfreiheiten" gewährleisten, zu denen der freie Personenverkehr gehört. Im Zuge der Corona-Krise haben viele Länder strikte Einreisebarrieren eingerichtet. Solche Barrieren sind EU-konform, solange ein Staat Gefahren für die öffentliche Sicherheit nachweist, etwa für die Gesundheit der Bevölkerung durch eine Pandemie, was die EU-Kommission auch anerkennt.

Kommen Staaten dann zur Einschätzung, dass diese Gründe wegfallen, "dann können die Mitgliedsstaaten die Grenzen wieder öffnen, sie müssen es sogar tun", erklärte Obwexer im Mittagsjournal des ORF. Denn EU-Grundfreiheiten wie das freie Reisen müssten gewahrt sein. Bei dieser Art von Rückkehr zum Normalzustand müsste aber eines unbedingt beachtet werden, sagte der Europarechtler: "Alle Staaten müssen gleich behandelt werden, nicht selektiv, egal ob viele oder wenig Gäste kommen."

Diskriminierung verboten

Wie man wieder zu diesem Zustand kommen könnte, hat die Präsidentin der Kommission in Brüssel, Ursula von der Leyen, vergangene Woche bei der Präsentation der gemeinsamen Covid-19-Exitstrategie erläutert: "Schritt für Schritt, langsam. Gute Nachbarn müssen miteinander reden", erklärte sie, die kontrollierten Binnengrenzen müssten wieder geöffnet werden, was im konkreten Fall "lange dauern wird".

Laut Obwexer laufe das praktisch über bilaterale Abmachungen zwischen den EU-Staaten, "die EU hat keine Kompetenzen, die Rücknahme der Maßnahmen zu regeln". Das sei den Mitgliedsstaaten überlassen. Konkret müsste Österreich also mit Deutschland oder Tschechien zu einer neuen Lageeinschätzung kommen und bilaterale Verträge aushandeln, in denen touristische Reisen wechselseitig wieder erlaubt wären. Ganz wichtig dabei: Jeder solche Rechtsakt muss bei der EU-Kommission notifiziert, geprüft und genehmigt werden, um mögliche Diskriminierungen von EU-Bürgern und Staaten zu verhindern. (Thomas Mayer aus Brüssel, 20.4.2020)