Wien – Angesichts der anstehenden Nationalratssitzung am Mittwoch will die rot-blau-pinke Opposition zwei gemeinsame Anträge zur Bewältigung der Corona-Krise einbringen, wie SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und der rote Vizeklubchef Jörg Leichtfried bei einer Pressekonferenz erklärten: Zum einen drängen SPÖ, FPÖ und Neos auf einen vorsichtigen, schrittweisen Zeitplan für die Öffnung der Schulen ab der ersten Maihälfte – vor allem für die Abschlussklassen, auch in den Volksschulen. Hier erwartet sich Rendi-Wagner ein Unterrichten in kleineren, räumlich getrennten Klassen.

Wollen bei ihren Forderungen an Türkis-Grün keinen Millimeter weichen: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Vizeklubchef Jörg Leichtfried.
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In einem weiteren Antrag besteht die Opposition geschlossen auf der Einsetzung eines Unterausschusses für die Vergabe der Hilfen für epidemiegebeutelte Unternehmen in der Höhe von 38 Milliarden Euro. Zuständig dafür ist nämlich die Covid-19-Finanzierungsagentur, kurz Cofag genannt, die 24 Milliarden verwaltet und eine Tochter der staatlichen Abbaugesellschaft Abbag ist, die wiederum dem Finanzministerium untersteht. Vorgesehen ist zur Kontrolle ein Cofag-Beirat, den die Opposition als zu zahnlos ablehnt. Leichtfried dazu: "Hier werden wir in den Verhandlungen keines Millimeter weichen."

Sozialstaat statt Spenden gefragt

Neben einigen anderen roten Anträgen besteht die SPÖ zudem insbesondere auf der Anhebung des Arbeitslosengeldes von 55 auf 70 Prozent der Letztbezüge. Dass die türkis-grüne Regierung nun pro Mitglied ein Monatsnettogehalt spenden wolle, helfe den Arbeitslosen nicht, es brauche vielmehr einen starken Sozialstaat, erklärte Rendi-Wagner. Sie selbst spende regelmäßig, rede darüber aber nicht, erklärte sie auf Journalistennachfragen. Leichtfried wiederum setzte in Anspielung auf die Landwirtschaftsministerin hinzu: "Dass Frau Köstinger der Landjugend ein Montagsgehalt" spende, reiche nicht, "wir sind in der Fraktion 70 Prozent!"

Abgesehen davon begehrt die SPÖ eine unbefristete Solidarabgabe für Millionäre, eine befristete im Ausmaß von zehn Prozent des Jahresumsatzes für Onlinekonzerne und ein gesetzliches Verbot von Dividendenzahlungen und Managerboni bei Staatshilfen.

Kickl gegen "neue Normalität"

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl kündigte an, den "Fast-Track-Parlamentarismus" beenden zu wollen, "der natürlich auch anfällig ist für Pfusch aller Art". Die Arbeit der Regierung basiere nicht auf Fakten: "Man täuscht eine Art von Wissen vor, mit dem Ziel, die Alternativlosigkeit der eigenen Maßnahmen hervorzustreichen", sagte Kickl. Er zweifle daran, "ob es wirklcih das Zeil der Bundesregierung ist, möglichst bald schrittweise in die Normalität zurückzukehren – und vermute, dass es allen voran Bundeskanzler Kurz in der "neuen Normalität" ganz gut gefalle.

Kickl allerdings graue es vor der neuen Normalität, sie sei nur ein schönfärberischer Ausdruck für den Ausnahmezustand. Er sehne sich nach der "guten, altbekannten, bewährten Normalität".

Vorbild Schweden

Die FPÖ fordert evidenzbasiertes Handeln, eine wöchentliche Zufallsstudie zur Durchseuchung der Bevölkerung sowie monatliche Antikörpertests. "Nur so kann man feststellen, wie gefährlich oder vielleicht auch wie wenig gefährlich dieses Virus wirklich ist", sagt Kickl. Vorbild für die Freiheitlichen ist Schweden, das deutlich weniger strenge Maßnahmen gesetzt hat und die Todeszahlen nun rückläufig seien. In Schweden sind allerdings fast dreimal so viele Menschen mit der Covid-19-Erkrankung gestorben als im unwesentlich kleineren Österreich.

Transparenter Arbeitsmarkt

Im Bereich des Arbeitsmarkts will Kickl radikale Transparenz: Aktuelle Statistiken des AMS sollen täglich veröffentlicht werden, nicht wie bisher monatlich. Betriebe sollen genauso entschädigt werden, wie es das alte Epidemiegesetz vorgesehen hätte, die Auszahlung sollen die Finanzämter übernehmen – nicht, wie aktuell, die Wirtschaftskammer. Hier verstehe im übrigen "kein Mensch" wieso deren Präsident Harald Mahrer "auf den Milliarden sitzt wie Dagobert Duck auf den Talern in seinem Geldspeicher". Die Kammer solle ihre Rücklagen auflösen, um Betriebe zu unterstützen.

Und noch ein altes freiheitliches Kernthema wird in Coronazeiten wieder aktuell: Angesichts häufiger Empfehlungen, kontaktlos zu bezahlen, beantragt die FPÖ im Parlament ein "Recht zur Barzahlung".

"Wer nichts weiß, muss alles glauben"

Die Neos werden die kommende Plenarsitzung unter dem Motto "Wer nichts weiß, muss alles glauben" bestreiten. Die Pinken vermissen in der Krisenpolitik der Regierung jegliche Transparenz. Ein Beispiel dafür sei, dass Parteichefin Beate Meinl-Reisinger bis heute eine konkrete Definition für Corona-Risikogruppen vermisst beziehungsweise Daten dafür. Meinl-Reisinger glaubt, dass der Faktor Grunderkrankungen nicht systemisch erhoben wird.

Auch wie es um die kriselnde Wirtschaft wirklich steht, solle nachvollziehbar gemacht werden. "Wie viele Betriebe sind mittlerweile schon insolvent, wie viele haben schon Konkurs angemeldet", fragt Meinl-Reisinger. "Wissen Sie es?" Auch bei den Wirtschaftshilfen der Regierung würden sich die Summen, die die Unternehmen schon erhalten haben sollen, nicht mit jenem Bild decken, das Praktiker zeichnen, sagt Meinl-Reisinger.

Die Neos wollen auch deshalb einen gemeinsam mit den anderen Oppositionsparteien einen Coronavirus-Kontrollausschuss im Parlament einrichten. Die Abwicklung des Härtefonds durch die Wirtschaftskammer sei nicht transparent. Dasselbe treffe auf die Cofag-Finanzagentur des Bundes zu, die wiederum den Hilfsfonds für Unternehmen verwaltet. Die Neos wollen genau wissen, wer nach welchen Kriterien einen Teil der insgesamt 38 Milliarden Milliarden Euro an Wirtschaftshilfen bekommt oder schon bekommen hat.

Meinl-Reisinger kündigte ebenfalls an, dass die Opposition gemeinsam einen Antrag einbringen wird, der die Regierung auffordert, zeitnah einen Plan für die Öffnung der Bildungseinrichtungen vorzulegen. (Nina Weißensteiner, Sebastian Fellner, Jan Michael Marchart, 21.4.2020)