Der großflächige Nachweis von Sars-CoV-2 im Abwasser könnte dabei helfen, die Verbreitung des Virus einzuschätzen.
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Die Frage, wie verbreitet das Sars-CoV-2-Virus regional tatsächlich ist, lässt sich etwa mit möglichst engmaschigen Stichprobentests beantworten. Oder aber man wirft einen analytischen Blick ins Abwasser: Seit einigen Wochen arbeiten Wissenschafter rund um den Globus an einem Abwasser-epidemiologischen Testverfahren, mit dessen Hilfe ein regionales Auftreten der Viren frühzeitig erkannt werden kann. In Österreich gibt es dazu nun erste Erfolgsmeldungen.

Zwei österreichischen Forschungsgruppen – dem Team von Norbert Kreuzinger an der TU Wien und einer Gruppe rund um Heribert Insam von der Universität Innsbruck – gelang es gleichzeitig, das Erbmaterial von Sars-CoV-2 im Zulauf von zwei österreichischen Kläranlagen tatsächlich nachzuweisen. Solche Tests könnten einen besseren und rascheren Einblick in die Ausbreitung von Covid-19 erlauben. Dadurch soll ein Frühwarn- beziehungsweise Monitoringsystem aufgebaut werden, mit dessen Hilfe die Gesundheitsbehörden rasch Informationen über Auftreten und Verbreitung des Virus erhalten.

"Coron-A"- Konsortium sucht im Abwasser

Forschungsteams der Ages, der Medizinischen Universität Innsbruck, der Technischen Universität Wien und der Universität Innsbruck haben sich Anfang April zum "Coron-A"- Konsortium zusammengeschlossen, um gemeinsam herauszufinden, wie das Auftreten von Sars-CoV-2 in häuslichem Abwasser mit der Anzahl der Infektionen im Einzugsgebiet von Kläranlagen im Zusammenhang steht.

Das soll auch neue Informationen über die Dunkelziffer liefern. Ein relevanter Teil an Infizierten, auch solche mit keinen oder nur milden Symptomen, scheidet nämlich das Virus über den Stuhl aus. Da die Fäkalien am Knotenpunkt Kläranlage zusammenlaufen, können aus der Analyse von dort entnommenen Proben Rückschlüsse auf die Verbreitung der Infektionen in der Bevölkerung gezogen werden. Dadurch soll ein zusätzliches Instrument für ein aussagekräftiges Breiten-Screening bereitgestellt werden.

Selbst winzige Virenbruchstücke werden entdeckt

Ganz ähnliche Methoden wurden zum Nachweis von Sars-CoV-2 im Abwasser auch bereits in den Niederlanden und den USA eingesetzt. Mit diesen Forschungsgruppen stehen die "Coron-A"-Partner in engem Kontakt und arbeiten gemeinsam an der Umsetzung des Verfahrens in Österreich. Die ersten Schritte in Innsbruck wurden vom Förderkreis 1669 unterstützt.

Nun konnten erste reproduzierbare Ergebnisse erzielt werden – anhand von Abwasserproben von Kläranlagen aus Tirol und dem Großraum Wien. Mittels PCR-Methode wird dabei nicht das aktive, infektiöse Virus nachgewiesen, sondern dessen virale RNA. Der Test reagiert somit auch auf Virenbruchstücke, die nicht infektiös sind. Selbst geringste Spuren des Virenerbguts können detektiert werden.

Das ist von zentraler Bedeutung, weil die Menge viraler RNA im Abwasser weit unter jener von infektiösen Tröpfchen liegt und Abwasser daher nicht als Infektionsquelle gilt. Auch wenn Viren-RNA im Wasser nachgewiesen werden kann, bedeutet das also nicht, dass vom Wasser eine Infektionsgefahr ausgeht.

Grundlagen für Abwasser-epidemiologisches Monitoring

Das Coron-A-Konsortium möchte nun einerseits weitere Untersuchungen über die Stabilität der viralen RNA in Abwasserproben durchführen, andererseits sollen in weiterer Folge österreichweit Abwasserproben in unterschiedlicher räumlicher und zeitlicher Auflösung gesammelt und analysiert werden, um die Grundlagen für ein Abwasser-epidemiologisches Monitoring zu schaffen. Ein regionales Wiederaufflammen der Epidemie soll sich dadurch frühzeitig erkennen lassen.

Dieses Monitoring könnte Gesundheitsbehörden unterstützen, die über Zeitpunkt und Schwere von Interventionen wie Kontaktvermeidung oder Quarantänemaßnahmen entscheiden müssen. Den Behörden wird damit ein Tool in die Hand gegeben, mit dem die Wirksamkeit der gesetzten Interventionen zeitnah abgeschätzt werden kann. (red, 22.4.2020)