Entgegen der allgemeinen Behauptung, die Klima- und Umweltbewegung sei durch ihre Themensetzung und Geschichte vor vornherein eine linke Bewegung, gibt es zahlreiche konservative bis rechtsextreme Akteurinnen und Akteure, die sich diesem Thema annehmen. Für viele Aktivistinnen und Aktivisten scheint die Sache dennoch klar: Die Rechten sind Klimawandelleugnende und der alleinige Fokus auf das Thema Klima schließe rechte Positionen per se aus. Nun ist es tatsächlich so, dass ein Teil der (extremen) Rechten den Klimawandel leugnet und auf zutiefst sexistische Art und Weise gegen die Protagonistin der Klimabewegung, Greta Thunberg, agitiert. Mit Tomasz Konicz könnte man diese Leugnung als den "alten Todesdrang der neuen Rechten" bezeichnen. Sie liefern als Avantgarde der Barbarei die ideologische Begleitmusik für die sich zuspitzende Krisendynamik des globalen Kapitalismus.

In diesem Text soll es um jenen Teil der extremen Rechten gehen, der in der Debatte oft ausgeklammert oder nicht wahrgenommen wird: Umweltbewegte völkische Rassistinnen, Rassisten und Nationalistinnen, Nationalisten, die sich als Teil einer reaktionären Umwelt- und Naturschutzbewegung begreifen. Das Gefährliche daran ist vor allem, dass sie einige ideologische Anknüpfungspunkte bei einem nicht zu unterschätzenden Teil jener Klimabewegten finden, die sich keinesfalls als rechts bezeichnen würden. Dazu will ich einen kurzen Blick in die Geschichte der Ursprünge des Natur- und Umweltschutzes werfen und danach einzelne ideologische Merkmale herausarbeiten, die sich bis heute im Diskurs um Klimaschutz finden lassen und verstärkt von der extremen Rechten propagiert werden. Die Ausführungen beziehen sich im Folgenden vor allem, wenn nicht anders ausgewiesen, auf das Buch von Oliver Geden "Rechte Ökologie – Umweltschutz zwischen Emanzipation und Faschismus".

Damit soll keineswegs die Klimabewegung diskreditiert werden, vielmehr geht es darum, Sensibilität zu schaffen, um gegen menschenverachtende Positionen auch innerhalb dieser Zusammenhänge entschiedener vorgehen zu können. Denn das Ziel vieler Aktivistinnen und Aktivisten ist Klimagerechtigkeit, im Sinne einer Ausdehnung des sozialen und emanzipatorischen Kampffeldes, anstatt der Fokussierung auf isolierten Naturschutz.

Konservative Ursprünge des Umweltschutzes in der Wissenschaft

Eine der wesentlichen Ursachen für die verbreitete Ansicht, es existiere neben einem linken Ökologieverständnis allenfalls noch eine unpolitische Deutung ökologischer Zusammenhänge, ist das kaum existente Wissen über die Geschichte der Ökologiebewegung und den wissenschaftlichen Deutungen, auf die sie sich bezog. Überraschend ist dabei, dass auch die Umweltbewegung selbst nur über ein geringes Bewusstsein in Hinblick auf die eigene Geschichte verfügt. Zum einen herrscht in der aktuellen Klimabewegung die Annahme vor, ganz neue Wege zu beschreiten und sich deshalb nicht mit den historischen Vorläufern beschäftigen zu müssen. Zum anderen wird als Bezugspunkt, wenn überhaupt, die Umweltbewegung in den 1970er- und 1980er-Jahren angeführt, die zusammen mit den neuen sozialen Bewegungen entstanden ist. Es fehlt darüber hinaus eine Einordnung der Klimabewegung in den gesamtgesellschaftlichen Kontext, ganz nach der Devise des rechtsextremen deutschen "Umweltpolitikers" und Ökorassisten Herbert Gruhl, wonach der Umweltschutz "weder links noch rechts, sondern vorne" stehe. Entgegen der herrschenden Meinung war es aber nicht linkes, emanzipatorisches oder vielleicht noch liberales Gedankengut, sondern es waren konservative bis faschistische Strömungen, die der ökologischen Bewegung wie auch der wissenschaftlichen Ökologie ihren Stempel aufdrücken konnten.

Jede Wissenschaft und Theorie verfügt über eine spezifische Entstehungsgeschichte. Im Falle der Ökologie war das die klassische Naturgeschichte des 18. Jahrhunderts, die sich in fundamentaler Opposition zur "aufklärerischen" Physik und deren Methoden entwickelte. Ihr Naturbild war eines, das von einer "ewigen, gottgewollten Ordnung" ausging, nach dem der Mensch sein Leben ausrichten sollte - als Teil eines harmonischen, wohlgeordneten, statischen "Ganzen". Die Naturgeschichte war von der Widersprüchlichkeit gekennzeichnet, einerseits Züge einer modernen, präzisen Wissenschaft zu beinhalten und gleichzeitig antimodernistische und zivilisationskritische Ideologien und Vorstellungen zu verbreiten.

Ganzheitliche Lebensphilosophie

Mit Ernst Haeckel (1834-1919) tauchte der Ökologiebegriff das erste Mal in der Wissenschaft auf. Haeckel bezog sich einerseits auf die Evolutionstheorie von Darwin und leitete daraus auch sozialdarwinistische Thesen ab. Zum Beispiel hielt er die Todesstrafe für "Verbrecher und Taugenichtse" für eine "Wohltat" an der Menschheit, ähnlich des "sorgfältigen Ausjäten des Unkrauts". Diese und andere Ausführungen Haeckels wurden später von den Nazis aufgegriffen, um ihre Politik der "Rassenhygiene" zu legitimieren.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich die Ökologie dann als eigenständige Wissenschaft etabliert. Die neue Vorstellung von Umwelt war nun die von geschlossenen, immerwährenden Kreisläufen, die "ganzheitlich" als "Organismus" verstanden wurden. Diese Vorstellungen korrespondierten mit der zu dieser Zeit vorherrschenden philosophischen Richtung der "Lebensphilosophie" und der konservativen Kulturkritik, die unter anderem von Ludwig Klages oder Oswald Spengler vertreten wurde. Sie richtete sich gegen die Errungenschaften der Aufklärung, gegen die Vorstellungen von Emanzipation und der Gleichheit aller Menschen. Gesellschaft wurde zum ("Volks-)Körper" erklärt, entgegen der "mechanischen" Demokratie forderte man einen "organischen" Ständestaat. In "Der Untergang des Abendlandes" (1918) vertrat Spengler die Ansicht vom ewigen Kreislauf der Kulturen, die von Größe und Hochblüte in Verfall und Niedergang übergingen. Als wahrliche "Untergangster" beschrieb Karl Kraus dann folgerichtig die Nazis, die den von Spengler prophezeiten Untergang vollendeten. Auch Klages Philosophie erfuhr ihren Rezeptionshöhepunkt im Nationalsozialismus – dennoch gilt er bis heute als Ahnherr des modernen Ökologiegedankens.

Vom Holismus bis zum Nationalsozialismus

Eine besondere Nähe der Ökologiebewegung bestand zu dieser Zeit auch zum sogenannten Holismus, der die Welt als "Ganzheit" begreift, in der die einzelnen Individuen einen vorherbestimmten, festgelegten Platz haben. Jeder Eingriff in diese herrschende Ordnung wird als "widernatürlich" verworfen. Der Einzelne habe sich dem "Ganzen" zu verschreiben, ja zu opfern. So diente der Holismus vor allem der Absicherung und Legitimation der herrschenden Ordnung samt seiner produzierten Ungleichheit. Und so wundert es auch nicht, dass sich diese Modelle hervorragend in die in den 1920er-Jahren aufkommende faschistische und nationalsozialistische Ideologie integrieren ließen, mit der Zielvorstellung einer streng hierarchisch gegliederten "Volksgemeinschaft", in der das Individuum nichts mehr zählt.

Während des Nationalsozialismus war Ökologie ein wichtiger Bezugspunkt, der von der "jüdischen" Wissenschaft abgegrenzt wurde. Die Ökologie sollte auf alle Lebensgebiete ausgedehnt werden: "Heimatpflege" und "Heimatschutz", "Volk" als "natürliche" Gemeinschaft, Wirtschaft als "Organismus". "Ordnung" und "Harmonie" waren das Ziel, das über die Ausgrenzung und Vernichtung der inneren und äußeren Feinde der autoritär versöhnten Gemeinschaft erreicht werden sollte. Der Mensch solle sich seinem "Lebensraum", der Landschaft anpassen, als Ausdruck des in ihr lebenden "Volkes". Im Hinblick auf die "Umgestaltung des Ost-Raums" bedeutete diese "Landschaftspflege" ein ungeheures Vernichtungs- und Versklavungsprogramm.

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Die Anfänge der Ökologiebewegung: Vom Natur- zum Heimatschutz

Im Zuge der Industrialisierung entstand im ausgehenden 19. Jahrhundert ein kontinuierliches natur- und landschaftsschützendes Engagement abseits der Wissenschaft. Die im "Deutschen Reich" um die Jahrhundertwende sich entwickelnde Natur- und Heimatschutzbewegung richtete sich nicht nur, wie der Name schon andeutet, gegen die rasanten Veränderungen in der Natur, sondern gegen die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen des Industrialisierungsprozesses. Sie war massiv geprägt von der antimodernistischen und damit immer auch antisemitischen Zivilisationskritik der völkischen Bewegung und forderte die Wiederherstellung der als "natürlich" und "organisch" angesehenen traditionellen Lebens- und Gesellschaftsverhältnisse. Als Dachverband trat in Deutschland der 1904 gegründete Bund "Heimatschutz" in Erscheinung, der sich neben der "Rettung der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt" auch der „Denkmal- und Brauchtumspflege" sowie dem Schutz der "Eigenart der deutschen Heimat" verschrieb.

Die Heimatschutzbewegung war also eine Reaktion auf die Modernisierung und Veränderung der alten Gesellschaftsstrukturen in Folge von Industrialisierung, Verstädterung, Demokratisierung und ihren Auswirkungen. Die damit zusammenhängende "Entzauberung der Welt" (Max Weber) durch Säkularisierung und Rationalisierung löste die alten tradierten Lebensweisen und -formen im Zuge der Durchsetzung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft auf. Die daraus resultierende Verneinung der Aufklärung und ihrer philosophischen Visionen führte zur Bejahung des Schicksalhaften, Mythischen, Irrationalen. Der Ausweg aus dem "Irrweg der Moderne" bestand für die Natur- und Heimschutzbewegung darin, dass der einzelne Mensch wieder von einer "höheren, ewigen Ordnung" in Dienst und Zucht genommen werden sollte.

Unter "Ordnung" verstanden ihre Anhängerinnen und Anhänger den rechten Mythos vom Volk, das als "natürlich gewachsene Gemeinschaft" vorgestellt und gegen die "künstliche" Gesellschaft in Stellung gebracht wurde. Das Wiederzuerrichtende sah man in der sich längst in Auflösung befindlichen ständischen Agrargesellschaft, eine Gemeinschaft von Herr und Knecht, die "Volksgemeinschaft der Unfreien und Ungleichen" (Adorno). Das Idealbild war der "ewige Bauer", der über Generationen hinweg sein Land im Einklang mit Natur bestellt und fest eingebunden in traditionelle dörfliche Zwangsstrukturen ist, fernab der großen, grauen Städte mit ihrer Anonymität, Dekadenz und ihren "Verführungen". Diesen Vorstellungen wurde auch in einer Vielzahl an Heimat- und Bauernromanen Ausdruck verliehen. Bezeichnenderweise war sowohl die bäuerliche Landbevölkerung als auch das städtische Proletariat kaum für solchen sozialen Kitsch zu gewinnen. Ihre soziale Basis waren vielmehr das Bildungsbürgertum, die Beamtenschaft und Selbstständige.

"Zurück zur Natur"

Im Zuge des Ersten Weltkrieges verbanden sich naturromantische Ideologien mit technischem Fortschritt. Man arbeitete an einer Symbiose von Fortschritt und "organischem Charakter". Es ging nun etwa um die Einpassung von Industriebauten in die umgebende Landschaft. Dieser ideologische Wandel sah nicht mehr den technischen Fortschritt an sich als "unorganisch" und "zersetzend", sondern der die Technik anwendende Mensch geriet ins Blickfeld. Die "Degenerierung" und "Entartung" des deutschen "Volkes" wurde zunehmend zum Problem erklärt. Die ressentimentgeladene Kapitalismus- und Zivilisationskritik zielte auf das vom "schaffenden" ("deutschen") Kapital unterschiedene "raffende" ("jüdische") Kapital. Zunehmend wurde auch eine "eugenische" Bevölkerungspolitik propagiert, die in der "Vermehrung der Minderwertigen" das Problem für die Auswirkungen auf Natur und Umwelt zu erkennen glaubte.

Während die Natur- und Heimatschützerinnen und -schützer ihr "Zurück zur Natur" lediglich theoretisch verstanden, zog die Lebensreformbewegung auch weitgehende persönliche Konsequenzen daraus. Sie errichteten völkische Siedlungen am Stadtrand oder am Land, wo sie ihre mythische Naturverbundenheit abseits der "krankmachenden" Städte mit ihrer "entarteten Architektur" zum Ausdruck bringen konnten. In dieser Zeit entstand auch die Gartenstadt-Bewegung, in der der antisemitische Publizist und Wegbereiter des Nationalsozialismus, Theodor Fritsch eine tragende Rolle einnahm. Durch Schrebergartenidylle sollte dem "Verfall" des "Volkes" Einhalt geboten werden. Unter einer "naturgemäßen" Lebensweise wurden auch Vegetarismus, Naturheilkunde, Freikörperkultur, Naturspiritualität, Selbstversorgung und "Rassenhygiene" verstanden. Obwohl es in der Lebensreformbewegung unterschiedliche Strömungen gab, überwog spätestens ab der Weimarer Republik die völkisch-rassistische. "Natur" als ideologische Kategorie diente hier, wie schon bei der Natur- und Heimatschutzbewegung, vordergründig der Rechtfertigung reaktionärer Gesellschaftsentwürfe. So verwundert auch die begeisterte Erwartungshaltung an den Nationalsozialismus in diesem Milieu nicht – auch wenn die Nazis dann den Naturschutz auf seinen völkisch-ideologischen Kern reduzierten.

Nach der militärischen Zerschlagung des Nationalsozialismus galt der Naturschutz aufgrund seiner ideologischen Nähe zum NS über längere Zeit in Deutschland als diskreditiert. Eine kritische Auseinandersetzung der Naturschutzbewegung mit ihrer Rolle innerhalb der völkischen Bewegung blieb aber weitgehend aus. Man konzentrierte sich lieber auf vermeintlich "unpolitisches" Engagement für den Erhalt der "bedrohten" Natur. Aufgrund der fehlenden Auseinandersetzung wurden viele völkische und reaktionäre Momente tradiert und sind bis heute Bestandteil der Naturschutzbewegung, die sich immer wieder auch dem "Heimatschutz" verschreibt. (Alexander Winkler, 29.4.2020)

Fortsetzung folgt.

Alexander Winkler forscht zu Rechtsextremismus. Er ist Mitherausgeber von "Untergangster des Abendlandes".

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