Die umweltbewusste Kuh von heute trägt Maske.

Foto: Zelp

Die Auswüchse der Nutztierhaltung setzen dem Planeten auf verschiedenste Art enorm zu. Gerade der Methanausstoß von Kühen ist ein vielfach unterschätzter Faktor in den globalen Diskussionen über die Klimaerhitzung, ist Methan doch mindestens 20-mal klimaschädlicher als CO2. Die rund 1,5 Milliarden Kühe weltweit sollen verschiedenen Berechnungen zufolge gar für rund fünf Prozent der globalen Treibhausgase verantwortlich sein. Und die Uno prognostiziert dem Fleisch- und Milchproduktemarkt weiter riesige Zuwächse.

Der Prototyp.
Foto: Zelp

Das britische Start-up Zelp (Zero Emissions Livestock Project) will nun mit einer relativ simplen Lösung die Methanbilanz von Kühen zu verbessern – und erntet Millioneninvestitionen. Entgegen bisherigen Überlegungen, die vor allem auf einer Umstellung der Ernährung der Tiere fußten, will man das ausgestoßene Methan der Kühe einfach aufsaugen, filtern und umwandeln. Dazu wird den Kühen eine rund 100 Gramm schwere Gummimaske aufgesetzt, die eigenen Angaben zufolge ein Drittel und bald schon bis zu 60 Prozent des ausgestoßenen Methans aus der Luft filtern soll.

Kühe stoßen nämlich rund 90 bis 95 Prozent des geruchs- und farblosen Gases hauptsächlich über die Nasenlöcher und nicht über Flatulenzen aus, wie vielfach vermutet wird. Unabhängige Studien müssen die von Zelp angegebenen Zahlen aber noch beweisen.

Marktfähiger Prototyp in Entwicklung

Wie das Ganze funktioniert? Kleine solarbetriebene Rotoren, die direkt über den Nasenlöchern angebracht sind, blasen das Methan in eine kleine Kammer, wo es gefiltert wird. Ist das Gas durch den Filter gelangt, wird es aufgrund chemischer Prozesse in das weitaus weniger schädliche CO2 umgewandelt. Die Firma hat derzeit einige Prototypen am Start, die getestet werden und bald zu einem marktreifen Produkt gefertigt werden sollen. Man arbeitet zudem an einer Lösung, die für maximalen Tragekomfort bei den Kühen sorgen soll. Montiert werden sie an handelsüblichen Bügeln für Kühe.

Die beiden Gründer Francisco und Patricio Norris, selbst Söhne eines argentinischen Rinderbauern, wissen nämlich um die möglichen Auswirkungen gestresster Kühe: Sie geben weniger Milch. Und das könnte potenzielle Geschäftskunden neben dem relativ hohen Preis von 45 Dollar pro Kuh und Jahr davon abschrecken, auf das umweltfreundlichere Gadget umzusteigen. Um gestresste Kühe frühzeitig zu erkennen, setzt man auf GPS- und Beschleunigungsdaten. Gesundheitsdaten der Kuh sollen gar medizinische Vorsorge leisten. Diese Daten sind selbstverständlich gesondert zu erwerben. Die Brüder Norris sind aufgrund einiger Marktumfragen dennoch überzeugt, dass Kunden bereit wären, mehr für emissionsärmeres Fleisch zu bezahlen.

Es brauche radikale Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise, sagte Francisco Norris zu "Bloomberg". Er sieht sein Produkt als ein ergänzendes Mittel neben der Erforschung alternativer Proteine. Während einige Menschen auf vegane Ernährung umsteigen und manche einfach weniger Fleisch konsumieren, wollen die Gebrüder Norris mit ihrem Projekt einen Beitrag zur Produktion von emissionsärmerem Fleisch liefern. (faso, 23.4.2020)