Normalbetrieb wird es in Bädern im Sommer wohl nicht geben.

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Es war ein ordentlicher Tiefschlag für all jene, die sich bei frühsommerlichen Temperaturen bereits auf die Badesaison gefreut hatten: Im Mai wird angesichts der Corona-Beschränkungen durch den Bund kein einziges städtisches Bad in Wien in Betrieb genommen, wie Martin Kotinsky von der zuständigen MA 44 bekanntgab. Wegen der notwendigen Vorbereitungsarbeiten sei ein Bäderstart frühestens Mitte oder Ende Juni möglich. Kotinsky zeichnete angesichts der noch fehlenden Vorgaben der Bundesregierung für eine Inbetriebnahme der Bäder auch ein Worst-Case-Szenario: "Es ist fraglich, ob die Wiener Bäder überhaupt aufsperren."

So weit wird es aber nicht kommen: Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) will die städtischen Freibäder öffnen, selbst wenn das Schwimmen in den Becken aufgrund von Sicherheitsvorgaben nicht möglich sein sollte. Zumindest die Freiflächen in größeren Bädern mit viel Platz werden für Erholungssuchende zugänglich sein. Einen Alleingang will Ludwig aber noch nicht setzen. Noch gilt es, die angekündigten Vorgaben des Bundes für eine Bäderöffnung abzuwarten. Und diese stehen kurz vor der Finalisierung, wie es auf STANDARD-Anfrage im Büro von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) heißt. Eine Regelung könnte am Donnerstag feststehen.

Vermutlich kein Normalbetrieb

Klagenfurt preschte hingegen bei den Wörthersee-Bädern vor: Das Lorettobad ist ab 1. Mai bei freiem Eintritt mit MNS-Maske zugänglich, Liegen ist zunächst nicht erlaubt. Ab 18. Mai sollen drei Bäder mit Eintritt zugänglich sein, pro zehn Quadratmeter Fläche ist ein Gast zugelassen.

Schon jetzt ist freilich fix, dass Bäder weit weg von einem Normalbetrieb sein werden. Es wird wohl – ähnlich wie in Geschäften – kontrollierte Zugangsbeschränkungen und Hygienemaßnahmen geben müssen. Und auch auf den Freiflächen und Liegewiesen sind Abstände einzuhalten. In kleineren Bädern ist das praktisch schwieriger umzusetzen als etwa im Gänsehäufel. Der Badesommer 2020 wird "nur ein sehr eingeschränkter sein können", sagte auch eine Sprecherin des zuständigen Bäderstadtrats Jürgen Czernohorszky (SPÖ).

Begegnungszonen werden verlängert

Wien ist zwar mit zahlreichen frei zugänglichen Naturbadeplätzen an der Alten Donau, auf der Donauinsel oder in der Lobau wie Panozzalacke oder Dechantlacke gesegnet. Aber auch dort kann der Platz für Sonnenhungrige und Schwimmer angesichts der erwarteten stärkeren Nutzung bei gleichzeitigen Corona-Abstandsregeln schnell knapper werden.

Auch abseits von Liegewiesen und Uferflächen wird in Wien für mehr öffentlichen Platz für die Bewohner gestritten. Die Bundesgärten in Wien – wie Augarten, Schönbrunn oder Burggarten – wurden nach einem Monat Sperre nach Ostern wieder geöffnet. Der Disput zwischen dem Bund und Wien ist passé. Ab Montag wird es auch keine Zutrittskontrollen an den Eingängen mehr geben, die Überfüllungen vermeiden hätten sollen. Das hat aber auch damit zu tun, dass Kurzparkzonen in Wien ab Montag wieder gelten: Parksheriffs sind teilweise auch als Kontrollorgange vor den Bundesparks eingesetzt und sollen wieder ihrer ursprünglichen Tätigkeit nachgehen.

Auf Drängen der Grünen wurden in Wien zudem temporäre Begegnungszonen eingeführt, um Fußgängern mehr Platz auch auf Straßen zu ermöglichen. Am Donnerstag kommen zu den neun bereits bestehenden Zonen weitere vier Abschnitte dazu. Das betrifft Kalvarienberggasse, Meiselstraße, Sobieskigasse und Zollergasse. Zwei bestehende Begegnungszonen werden erweitert. Die Maßnahmen werden auch über ihre vorläufig fixierte Befristung bis Anfang Mai hinaus bestehen bleiben, kündigte die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein im STANDARD-Gespräch an. "Wir schauen uns das bis Anfang Mai an. Es ist aber davon auszugehen, dass wir es um zwei Monate verlängern werden."

"Platz für Wien"

Ganz grundsätzlich etwas an der Platzverteilung im öffentlichen Raum ändern will die Bürgerinitiative "Platz für Wien". Die Initiative, die unter anderem von der NGO Radlobby unterstützt und von Experten der TU Wien sowie der Boku Wien beraten wird, wird bis dato laut eigenen Angaben von etwa 50 Bürgern getragen. Sie richtet sich mit 18 Forderungen an die Politik: In einem maximalen Zeitrahmen von zehn Jahren sollen etwa 100 verkehrsberuhigte Wohngebiete mit hoher Aufenthaltsqualität, 60 Kilometer Fußgänger- oder Begegnungszonen, mehrere hundert Kilometer an neuer Radinfrastuktur, darunter baulich getrennte Radwege auf Hauptstraßen sowie eigene Radstraßen, und die Pflanzung von 15.000 Bäumen im Straßenraum umgesetzt werden.

Viele Forderungen seien auch unter einem sozialen Gesichtspunkt zu sehen, sagt Sprecherin Veronika Wirth: "Nicht jeder hat einen Garten oder eine Terrasse zu Hause." Thematisch in die Hände spielt der Initiative die aktuelle Diskussion über Ausgangsbeschränkungen und Begegnungszonen. "Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um vieles auszuprobieren", so der TU-Verkehrsexperte Ulrich Leth. Grundsätzlich sei noch viel mehr möglich, sagt er und verweist etwa auf Brüssel, wo der gesamte Stadtkern zu einer Begegnungszone werden soll. Überlegenswert sei jedenfalls, die nun temporären Zonen beizubehalten, sollten sie sich bewähren.

Nutzen will man auch das Aufmerksamkeitsfenster vor der Wien-Wahl. Bis dahin sollen 57.255 Unterschriften gesammelt werden – so viele, wie theoretisch für ein Volksbegehren auf Wiener Ebene notwendig wären. Weil hierfür aber nur Staatsbürger unterschreiben dürfen, soll die Zahl nur als Messlatte dienen, um den Forderungen Nachdruck verleihen zu können. Formal ist das Ziel, 500 Unterschriften zu sammeln, damit das Anliegen im Petitionsausschuss behandelt wird. (David Krutzler, Vanessa Gaigg, 22.4.2020)