Das Mauthausen-Komitee hält das Gedenken an die Opfer des Konzentrationslagers aufrecht. Für "Aula"-Autor Fred Duswald "belügt es Schulkinder".

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Bis vor Kurzem war das Video auf dem Youtubekanal des NDP-nahen Senders Nordland TV abrufbar.

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Als "schreibaffin" und ohne Angst, "auch heiße Eisen anzufassen", wurde Fred Duswald im Juni 2017 bei den Tagen Deutscher Gemeinschaft als Redner angekündigt. Von den Worten des mehrfach verurteilten Holocaustleugners Günter Deckert geschmeichelt, referierte Duswald im Anschluss über seinen Artikel in der rechtsextremen "Aula" von 2015. Dieser hatte hohe Wellen geschlagen, da Duswald die befreiten KZ-Häftlinge darin als "Landplage" bezeichnet und sie schwerer Verbrechen bezichtigt hatte.

Duswald blieb von der Staatsanwaltschaft verschont, für die österreichische Justiz setzte es deshalb eine Rüge vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Außerdem erwirkten zehn Mauthausen-Überlebende eine einstweilige Verfügung gegen ihn und schlossen daraufhin einen zivilrechtlichen Vergleich. Darin verpflichtete sich Duswald, die Behauptungen zu widerrufen und sie nicht zu wiederholen.

Video als Beleg

Doch gegen diese Vereinbarung könnte Duswald bei seinem Vortrag in Thüringen, der etwa vier Monate nach dem gerichtlichen Vergleich stattfand, verstoßen haben. Dies dokumentiert ein Video des NPD-nahen Senders Nordland TV, das 2017 online gestellt und von der antifaschistischen Initiative Stoppt die Rechten nun entdeckt wurde.

In seinem halbstündigen Vortrag gab sich Duswald unbeirrt: Es sei dokumentiert, dass Kriminelle nach der Befreiung "geraubt, geplündert, vergewaltigt und ermordet" hätten. Als Quelle nannte er ein Buch einer österreichischen Historikerin, die im STANDARD-Gespräch Duswalds Interpretationsversuch ihres Buches entschieden zurückweist.

"Wir sind ja nicht befreit worden"

Überhaupt scheint sich das Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Danubia München mit seinen Zuhörern abseits des zeitgeschichtlichen Konsenses zu verorten. Zu Beginn seines Vortrags stellte Duswald klar, dass sich die Befreiung vom NS-Regime nur auf die ehemaligen Häftlinge beziehen würde: "Wir sind ja nicht befreit worden", sagte er.

Die Anwältin Maria Windhager, die auch die zehn Überlebenden gegen Duswald vertritt, sieht in Duswalds Worten den offensichtlichen Versuch, die Unterlassungsverpflichtung zu umgehen. Sie prüft nun rechtliche Schritte.

Duswald unterstellt MKÖ Lügen

Auch über das Mauthausen-Komitee (MKÖ) machte sich Duswald in dem Vortrag lustig. Der heutige Verein bestehe nur aus "KZ-Laien", die sich wichtig machen würden. Zustimmung erhält Duswald bei seinem Vortrag wieder von Deckert, der den verstorbenen Neonazi und verurteilten Holocaustleugner Gerd Honsik als Referenz anführt. Duswald behauptete im Anschluss, das MKÖ "bediene" die Presse und würde Schulkinder "belügen".

Für Willi Mernyi, den Vorsitzenden des MKÖ, sind Duswalds Behauptungen eine "Frechheit". Indirekt würde Duswald den KZ-Überlebenden Lügen in den Mund legen, sagt Mernyi. Auch das MKÖ kündigt rechtliche Schritte gegen Duswald an.

Zurückrudern

Vom STANDARD zu seinen Aussagen befragt, nimmt Duswald seine Attacken gegen das MKÖ zurück. Seine Aussagen über die ehemaligen Häftlinge will Duswald genügend auf einen "Teil der Befreiten" beschränkt haben. Die Täter seien als Rechtsbrecher und nicht in ihrer "Eigenschaft als Holocaust-Überlebende" gewürdigt worden, sagt er.

In seinem Vortrag inszenierte sich Duswald als Märtyrer vor der Justiz, die das Recht zugunsten ehemaliger KZ-Häftlinge "gebeugt und gebrochen" hätte. Doch tatsächlich lief es anders: Die Staatsanwaltschaft Graz stellte damals sämtliche Strafverfahren gegen Duswald und die "Aula" ein. Die Begründung sorgte im Justizministerium für Empörung. Weil auch medienrechtliche Anträge abgewiesen wurden, verurteilte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) die Republik. Jedoch bleibt das Urteil in der Schwebe: Aufgrund des strafprozessrechtlichen Verschlechterungsverbots ist laut Generalprokuratur eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Duswald unmöglich. Nur eine Gesetzesänderung oder ein neues Urteil des EGMR könnten das ändern.

Politisch sorgte der Artikel für Vorwürfe gegen die FPÖ, da deren Vorfeldorganisation Arbeitsgemeinschaft Freiheitlicher Akademikerverbände das Monatsmagazin "Aula" herausgegeben hat. (Laurin Lorenz, 23.4.2020)