Christian Horak ist Partner bei Strategy Contrast EY Parthenon. Er berät seit knapp 30 Jahren NPOs, öffentliche Verwaltungen und Gesundheitsorganisationen.

Die Corona-Krise verändert unser Leben. Sie deckt schonungslos bisherige Unschärfen auf und zeigt gleichzeitig, dass bislang für völlig unmöglich gehaltene Verhaltensweisen oder Lösungen plötzlich problemlos akzeptiert werden und funktionieren.

Diese Grunderfahrungen machen derzeit auch Sozialunternehmen. Sie geben sich selbst den Zweck, ein soziales Problem mit einem unternehmerischen Ansatz zu lösen und im Idealfall damit auch als Unternehmen erfolgreich zu sein.

Diese Kombination ist in Österreich nach wie vor ein Minderheitenprogramm, hat sich aber in den letzten Jahren immer besser etabliert. Es gibt Plattformen und Netzwerke (von Ashoka bis zum Impact Hub), auf denen Social Entrepreneurs sich gegenseitig unterstützen, es gibt immer mehr Preise, die diese besonderen Unternehmen vor den Vorhang holen. Einer der ersten war der Get Active Social Business Award, aber auch im Rahmen von Unternehmerwettbewerben werden Social Entrepreneurs in spezifischen Kategorien ausgezeichnet (zum Beispiel bei den weltweiten Entrepreneur of the Year Awards der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY).

Vom Aussterben bedroht

Die Spezies Sozialunternehmen könnte jetzt bedingt durch Corona vom Aussterben bedroht sein. Durch ihre Hybridrolle laufen sie derzeit Gefahr, bei den vorhandenen Unterstützungsmöglichkeiten der Bundesregierung zumindest nicht als primäre Förderzielgruppe oder im Extremfall sogar gänzlich von den Fördermöglichkeiten ausgeschlossen zu sein. So sind nach derzeitigem Stand gewerbliche Tochtergesellschaften von gemeinnützigen Organisationen von den Förderungen ausgeschlossen (das betrifft zum Beispiel Organisationen wie das Inigo oder das Mag-Das-Hotel der Caritas Wien).

Wenn hier nicht rasch Lösungen gefunden werden, sind diese Social Entrepreneurs beziehungsweise Social Businesses aufgrund ihrer geringen Kapitaldecke und ihrer niedrigen Liquidität in ihrer Existenz schwerst gefährdet.

Auf der anderen Seite stehen die besonderen Chancen, die sich gerade für Sozialunternehmer beziehungsweise -unternehmen in dieser Ausnahmesituation bieten. Soziale Probleme werden in Krisenzeiten noch deutlicher sichtbar und verlangen nach neuen, alternativen Lösungen, die der Sozialstaat allein nicht stemmen kann. Jetzt ist noch viel mehr Augenmerk auf der Notwendigkeit, Changemaker zu fördern und zu unterstützen. Die Probleme, die die Social Entrepreneurs mit ihren Ansätzen adressieren, werden durch die Corona-Krise weiter befeuert: Auf globaler Ebene entstehen neue Hungerisiken, zum Beispiel in Indien und Afrika, viele Menschen sind von diversen Versorgungen, insbesondere Lebensmittel und Bildungsangebote, noch mehr abgeschnitten als vor Corona.

In Österreich führt Corona zu einer Zunahme der sozialen Ausgrenzung von Randgruppen, bestimmten Kinder ist der Zugang zu Bildung nicht mehr möglich, das Physical Distancing kann zu sozialer Vereinsamung führen. Vor allem ältere Menschen sind hier besonders gefährdet. Gerade hier ist die Kreativität der Social Entrepreneurs mit ihren alternativen Zugängen gefragt. Sie entwickeln neue Formen der elektronischen Kommunikation und Lerneinbindung, sie forcieren Lösungen im E-Health-Bereich, sie ermöglichen neue Zugänge zur Bildung (zum Beispiel über die Plattform Bildünger), sie finden neue Formen, Unterstützung für ihre Projekte zu generieren (zum Beispiel das Krautfunding der Vollpension), sie schaffen gesellschaftlichen Zusammenhalt und Inklusion.

Dabei sind aber auch für die Sozialunternehmer mehrere Erfolgsfaktoren wichtig, damit sie auch nach Corona nachhaltig wirken können:

  1. Die Schärfung des sozialen Auftrags. Was wollen wir wirklich, gerade in und nach Corona-Zeiten erreichen?
  2. Die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells: Viele Lösungsansätze sind auch gerade in Corona-Zeiten gefragter denn je, aber passen die Rahmenbedingungen zum ursprünglichen Geschäftsmodell? Was muss von der sozialen Idee Bestand haben, wo sind neue Wege gefragt?
  3. Viele Geschäftsmodelle von Sozialunternehmen basieren schon jetzt auf digitalen Lösungen. Diese müssen in der Corona-Krise selbst, aber auch darüber hinaus weiterentwickelt und noch intensiver genutzt werden.

Fazit: Sozialunternehmen können gerade in diesen Zeiten ihren Beitrag zur Weiterentwicklung der Gesellschaft und der Lösung sozialer Probleme massiv steigern. Es ist aber ein Wettlauf mit der Zeit: Sie brauchen selbst einen langen Atem, um durch die Krise zu kommen, um mit ihren Unternehmen anderen bei der Bewältigung der Krise beziehungsweise der Lösung gesellschaftlicher Probleme zu unterstützen.

Die politischen Entscheider und wir alle haben es in der Hand, ob die grundsätzlich gut trainierten und mit Rückschlägen gut umgehen könnenden Social Entrepreneurs auch diesen "Hammer" der Corona-Krise wegstecken und gestärkt ihre Ziele erreichen können. Den Get Active Social Business Award gibt es heuer auf jeden Fall wieder, die Ausschreibung ist gerade veröffentlicht worden. (siehe Kasten)

Wir alle werden diese Menschen und Organisationen in Post-Corona-Zeiten dringend benötigen! (Christian Horak, 24.4.2020)