Es ist eine zunehmend lästige Angewohnheit, die sich die Bundesregierung rasch abgewöhnen sollte. Zwischen der juristischen Realität, also dem, was in der Corona-Krise erlaubt ist, und dem, wie das alles rhetorisch dargestellt wird, besteht eine gewaltige Kluft. Diese lässt sich etwa so zusammenfassen: In ihrem Bestreben, die Menschen vor einer Ausbreitung von Sars-CoV-2 zu schützen, werden von der Regierung ständig Dinge so dargestellt, als seien sie Verbote, obwohl sie es gar nicht sind.

Karl Nehammer, Werner Kogler, Sebastian Kurz und Rudolf Anschober.
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Ein gutes Beispiel dafür gab es bei der Pressekonferenz diese Woche, bei der neue Lockerungen ab Mai vorgestellt wurden. Kanzler Sebastian Kurz sagte, dass es wieder bald möglich sein solle, "über die Kernfamilie hinaus" zusammenzukommen und auch Freunde zu sehen. Bloß: Dass diese Treffen nicht stattfinden, war bisher nur ein Wunsch der Regierung. Die meisten Juristen im Land legen die entsprechende Verordnung des Gesundheitsministeriums inzwischen klar so aus, dass im Privaten alle Zusammenkünfte möglich waren, auch abseits der Kernfamilie.

Die zweideutige Art der Wortwahl nutzt übrigens nicht nur Kurz. Auch die Grünen, Vizekanzler Werner Kogler und Gesundheitsminister Rudolf Anschober, taten es anfangs. Dabei braucht niemand einen Verordnungsstaat: Menschen können es verstehen, wenn sie etwas zwar tun dürfen, aber nicht sollen. So viel Eigenverantwortungsbewusstsein muss die Regierung der Bevölkerung zutrauen. (András Szigetvari, 23.4.2020)