Die Hotels haben genügend Zimmer frei, dürfen sie aber nicht vergeben.

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Es waren hektische Tage: Am 15. März, einem Sonntag, beschloss das Parlament im Eiltempo die Grundlagen für Betriebsschließungen und Ausgangsbeschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Ausbreitung. In der ersten Aufregung wurde einer neuen Regelung noch keine allzu große Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl sie massive Konsequenzen hat: die Behandlung der Umsatzausfälle.

Nach dem Epidemiegesetz hat die öffentliche Hand Unternehmen, die wegen der Infektionsgefahr die Läden dichtmachen müssen, den Verdienstentgang abzugelten. Doch genau diese Bestimmung wurde vom Gesetzgeber mit dem Covid-19-Maßnahmengesetz außer Kraft gesetzt. Dabei steht viel Geld auf dem Spiel. Allein dem Handel entgeht wegen geschlossener Geschäfte jede Woche eine Milliarden Euro an Umsatz. Wie bereits angekündigte Klagen beim Verfassungsgericht ausgehen werden, steht in den Sternen.

Wintersaison beendet

Allerdings gibt es eine Branche, die trotz der Gesetzesänderung einen Anspruch hat, wenn auch einen limitierten: Es geht um jene Hotels, die schon vor dem neuen Gesetz gesperrt wurden. Angesichts der von Ischgl ausgehenden Berichte über die Verbreitung des Covid-19-Virus reagierten rund 30 Bezirkshauptmannschaften in Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Kärnten. Alle wichtigen Skiregionen mussten die Wintersaison beenden.

Behörden warten ab

Die Verordnungen wurden noch auf Basis des Epidemiegesetzes erlassen, das eben Entschädigungen bei Schließungen vorsieht. Daher pochen jetzt rund 5000 Beherbergungsbetriebe auf die Kompensation des Verdienstentgangs. Bei den zuständigen Bezirkshauptmannschaften oder Magistraten sind schon zahlreiche Anträge auf Ausgleichszahlung eingegangen.

Die Behörden reagieren abwartend. Man müsse noch auf "verbindliche Richtlinien" des Gesundheitsministeriums warten, um die Ansuchen bearbeiten zu können. Interessanterweise werden die Betriebe von den regionalen Wirtschaftskammern unterstützt, deren Präsident Harald Mahrer die Streichung der generellen Entschädigungsansprüche verteidigt hat.

Prozessfinanzierer aktiv

Auch Prozessfinanzierer sind mit von der Partie. Einem Sammelverfahren von Advofin beispielsweise haben sich laut Geschäftsführer Gerhard Wüest 452 Unternehmen angeschlossen, eine Teilnahme ist noch bis Freitag möglich. Vertreten werden auch Seilbahnen, die allerdings nach einem anderen Paragrafen ihren Betrieb einstellen mussten. Wüest ist der Ansicht, dass auch sie entschädigt werden sollten.

Um allzu große Summen geht es dabei nicht, denn Ende März wurden die Hotels österreichweit nach Covid-19-Maßnahmengesetzes gesperrt, das eben Kompensationszahlungen ausgehebelt hat. Somit können die Betriebe jedenfalls für knapp zwei Wochen ihre Ansprüche erheben, erläutert Anwalt Georg Schima, der die Hoteliersvereinigung vertritt.

Die Idylle trügt: Die Ruhe am Wolfgangsee ist keineswegs gewollt.
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Selbst für die kurze Zeit wäre eine Abgeltung des Verdienstentgangs angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Situation ein wichtiger Beitrag. Weitere Forderungen nach den Betretungsverboten durch die spätere Gesetzgebung sind für ihn nicht klar zu beantworten. Bei systematischer Gesetzesinterpretation sei die Frage zu bejahen. Zu rechnen ist damit, dass das Thema der Kompensationen die Höchstgerichte beschäftigen wird.

Ungleiche Behandlunge?

Allerdings würde die Befriedigung der Ansprüche erst recht zu neuen Diskussionen darüber führen, warum Hotels in Wien oder der Steiermark nichts erhalten, jene in den Skigebieten aber schon. Auch Bars und Restaurants, ja selbst Handel und andere Dienstleister würden wohl darauf pochen, ebenso einen Schadenersatz zu erhalten wie das Hotel in St. Anton am Arlberg.

Noch einen Aspekt gibt es für Hoteliers. Versicherungen für Betriebsunterbrechungen würden nur für die Phase der Schließung nach Epidemiegesetz zahlen, sagt der Obmann der Sparte Tourismus in der Wirtschaftskammer Salzburg, Georg Imlauer. Er betont, dass mit den späteren Covid-Gesetzen die Versicherungen "außen vor sind". Für Imlauer ist der Schritt unverständlich. Der Bund hätte sich viel Geld erspart, hätte er die Assekuranzen in die Pflicht genommen.

Versicherungen bremsen

Doch selbst bei den Forderungen nach Epidemiegesetz gehen die Versicherungen in Deckung. Einige weisen darauf hin, dass das Geschäft wegen Reisebeschränkungen und anderen Restriktionen ohnehin zum Erliegen gekommen wäre. Dem STANDARD liegt ein Schreiben einer Assekuranz an einen Hotelier vor, wo sich diese zur Übernahme von 15 Prozent des Betriebsaufalls für 30 Tage einverstanden erklärt. Dabei handle es sich um eine "freiwillige Leistung". Sie erfolge nur, "wenn Sie im Nachhinein keine Ansprüche aus der Seuchen-Betriebsunterbrechungsversicherung erheben". (Andreas Schnauder, 23.4.2020)