Die in Niederösterreich erlaubte Frühjahrsjagd auf männliche Waldschnepfen verbietet der EuGH nun.

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Die in Niederösterreich erlaubte Frühjahrsjagd auf männliche Waldschnepfen (Scolopax rusticola) verstößt gegen die Vogelschutzrichtlinie der EU. Das stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in einem Urteil (C-161/19) fest. Nach der Richtlinie ist während der Nistzeit oder der einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtzeit jede Bejagung der geschützten Art untersagt.

Biologisches Gleichgewicht

Damit soll dem Rückgang der Bestände an wildlebenden Vogelarten entgegengewirkt werden, um das biologische Gleichgewicht zu erhalten. Die niederösterreichische Waldschnepfenverordnung erlaubt hingegen, dass Waldschnepfenhahnen in der Zeit von 1. März bis 15. April während des Balzflugs erlegt werden dürfen. Die EU-Kommission leitete deswegen im September 2013 ein Vertragsverletzungsverfahren ein, im Februar 2019 wurde eine Klage vor dem EuGH eingebracht (Rechtssache C-161/19).

Österreich machte geltend, dass die Erlaubnis nach einer Ausnahmeregelung der Vogelschutzrichtlinie gerechtfertigt sei. Diese lässt für alle Vogelarten, sofern es keine "andere zufriedenstellende Lösung" gibt, eine Abweichung zu, um unter streng überwachten Bedingungen selektiv den Fang, die Haltung oder jede andere "vernünftige Nutzung" bestimmter Vogelarten "in geringen Mengen" zu ermöglichen.

Freizeitbeschäftigung Jagd

Die als Freizeitbeschäftigung ausgeübte Jagd auf wildlebende Vögel während der fraglichen Zeiten kann laut dem EuGH zwar eine gestattete "vernünftige Nutzung" sein, Österreich habe jedoch nicht nachgewiesen, dass die Frühjahrsjagd von Hähnen für die niederösterreichischen Bestände der Waldschnepfen schonender wäre als die Herbstjagd und dass es daher keine "andere zufriedenstellende Lösung" gebe. Außerdem sei das Erfordernis der "geringen Mengen" nicht erfüllt gewesen.

Laut dem Urteil gibt es auch keine belastbare wissenschaftliche Grundlage für die Auffassung der Republik, dass die Frühjahrsjagd sich auf die Bestände der Art schonender auswirke als die Herbstjagd. Diese Entnahme wirke sich zudem besonders auf die dominanten Männchen aus, was negative Auswirkungen auf die Vermehrungsrate der Art habe.

EuGH-Entscheidung zu Waldschnepfe "nicht nachvollziehbar"

Für den niederösterreichischen Jagdverband ist diese Entscheidung ebenso wie die vorangegangene Klage der EU-Kommission nicht nachvollziehbar. Denn gemeinsam mit dem Land Niederösterreich ist der Jagdverband dazu bereits seit 2013 mit der EU-Kommission in einem regen Austausch und hat 2018 auch eine umfangreiche und wissenschaftlich untermauerte Argumentation übermittelt. Darin wird dargelegt, dass die Frühjahrsbejagung schonender als andere Bejagungsformen sei und diese auch keinerlei Auswirkungen auf die Besatzentwicklung der Waldschnepfen habe. Zudem führen die Jägerinnen und Jäger ein umfassendes Monitoring durch, das die Argumentation stützt.

"Die lange Tradition der Frühjahrsbejagung in Österreich hat zu keinem Rückgang der Besatzzahlen geführt. Das belegen wissenschaftliche Studien und die Ergebnisse der Monitorings klar. Denn es werden vorwiegend männliche Schnepfen erlegt, was keine Auswirkungen auf den Fortpflanzungserfolg hat. Seitens der EU-Kommission wurde dazu im Verfahren auch keine bessere Datenlage vorgelegt", sagte Landesjägermeister Josef Pröll. "Der niederösterreichische Jagdverband hat mit fachlichen Argumenten und wissenschaftlichen Studien jahrelang um den Erhalt der Frühjahrsbejagung der Schnepfen gekämpft, und wir waren damit die einzige Region in Europa, die diese Form der Jagd noch erfolgreich ausüben konnte. Die EU-Kommission ist auf die fachliche Argumentation nicht eingegangen, dementsprechend sind wir über die Entscheidung enttäuscht." (APA, 23.4.2020)