Jetzt gibt es Brösel in der Koalition. Und die gehören weggeräumt. Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner, eine gewichtige Stimme der türkis-schwarzen Westachse, hat ausgesprochen, was viele bei den Grünen befürchten und einige in der ÖVP längst betreiben: dass angesichts der aktuellen Krisensituation eine Neubewertung des Regierungsprogramms erfolgen und das Abkommen der Koalitionspartner neu verhandelt werden muss. Denn eines scheint zumindest aus der Sicht der ÖVP klar: Jene Kapitel und Punkte im Regierungsübereinkommen, die den Grünen so wichtig sind und ihnen überhaupt den Anschub gegeben haben, in diese Koalition einzutreten, genießen angesichts der wirtschaftlichen Krise, die auf die gesundheitliche folgt, keine Priorität mehr.

Vieles, was gut und wichtig für die Umwelt wäre, ist umständlich und teuer – für die Wirtschaft, aber auch für den Staat und den Steuerzahler.
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Soll heißen: Die Grünen sollen sich Energiewende und Umweltschutz abschminken. Die Wirtschaft dürfe in der Phase, in der sie darniederliegt und ihr auf die Beine geholfen werden muss, nicht durch lästige Auflagen und teure Maßnahmen behindert werden. So sehen es die betroffenen Unternehmen und Konzerne, so sehen es naturgemäß auch deren politische Interessenvertreter, aus denen sich die Volkspartei nun mal maßgeblich zusammensetzt.

Tatsächlich ist vieles, was gut und wichtig für die Umwelt wäre, umständlich und teuer – für die Wirtschaft, aber auch für den Staat und den Steuerzahler. Aber notwendig, wenn wir etwas langfristiger und über diese eine Krise hinaus denken würden. Denn der Klimawandel ist immer noch die viel größere Bedrohung für die Menschheit als Corona. Und so wäre diese Krise auch eine Chance, mit dem Wiederhochfahren der Wirtschaft und der Industrie diese auch gleich fit für die Zukunft zu machen. Allein die Elektromobilität braucht noch tiefgreifende Investitionen in die Infrastruktur, um in Schwung zu kommen. Die müssten jetzt vorgezogen, nicht aufgeschoben werden.

Die Grünen haben die berechtigte Sorge, dass ihnen ihre Ambitionen von einem übermächtigen Koalitionspartner runtergeräumt werden. Der ÖVP-Spitze sind ihre jetzigen Umfragewerte sehr bewusst. Den Grünen muss aber bewusst sein, dass ihre Anwesenheit in dieser Koalition kein Selbstzweck ist, sondern nur durch ihren Beitrag zu rechtfertigen ist. Und der besteht nun einmal darin, den Umweltschutz hochzuhalten und den Klimawandel einzudämmen. Selbst dann, wenn es schwierig und anstrengend ist und vom Koalitionspartner als störend empfunden wird. (Michael Völker, 23.4.2020)