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Kanzlerin Angela Merkel steht wieder in der Kritik.

Foto: Reuters / Annegret Hilse

Die Saaldiener im Deutschen Bundestag haben eine neue Aufgabe. Sie servieren, bevor der nächste Redner hinter das Pult tritt und das Wort ergreift, nicht nur wie bisher frisches Wasser, sondern desinfizieren auch die Ablagefläche.

Als Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag zu ihrer Regierungserklärung schreitet, ist schon alles bereit, sie spricht schließlich gleich als Erste. Natürlich gibt es nur ein Thema. Die Kanzlerin schlägt ungewöhnlich scharfe Töne an, als sie das Vorgehen einzelner deutscher Bundesländer bei der Aufhebung der Corona-Beschränkungen kritisiert. Diese seien "in Teilen sehr forsch, um nicht zu sagen zu forsch", meint sie, ohne Namen zu nennen.

Gemeint ist der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), der auf eine rasche Rückkehr zum Alltag drängt. Merkel ist deutlich vorsichtiger und warnt: "Wir leben nicht in der Endphase der Pandemie, sondern immer noch an ihrem Anfang. Wir werden noch lange mit diesem Virus leben müssen." Sie meint auch: "Lassen Sie uns jetzt das Erreichte nicht verspielen und einen Rückschlag riskieren."

Opposition prescht vor

Nicht gebraucht wird von ihr der Begriff "Öffnungsdiskussionsorgien". Den hatte sie in einer internen CDU-Sitzung verwendet, um vor zu vielen Lockerungen zu warnen. Die Opposition hatte sich freudig darauf gestürzt, um zu erklären, dass man sich von Merkel nicht den Mund verbieten lassen wolle.

Auch Merkels Bitten im Bundestag kommen bei der Opposition nicht gut an. Diese war zunächst lange abgemeldet gewesen und hatte am Krisenmanagement der Kanzlerin ohnehin kaum etwas auszusetzen.

Doch der Burgfrieden ist nun vorbei, bei der nachfolgenden Debatte geht es wieder hoch her, vor allem die Fraktionschefs Christian Lindner (FDP) und Alexander Gauland (AfD) greifen Merkel scharf an. Die AfD will die Kontaktsperren aufheben, Gauland sagt, es sei Zeit, die "Schutzmaßnahmen in die private Verantwortung der Bürger zu überführen". Denn: "Der Staat ist bei der Bekämpfung der Pandemie weitgehend überflüssig." Lindner betont, dass die "große Einmütigkeit in der Frage des Krisenmanagements" nun ende. Man müsse klären, wie "wir Gesundheit und Freiheit besser miteinander vereinbaren können".

Die Koalition hat sich auch auf neue Hilfen in der Corona-Krise verständigt: Ab 1. Juli gilt für Speisen in Gaststätten der von 19 auf sieben Prozent gesenkte Mehrwertsteuersatz. Außerdem erhöht die Regierung das Kurzarbeitergeld und gibt bedürftigen Kindern einen Zuschuss von 150 Euro zur Anschaffung besserer technischer Ausrüstung für das Homeschooling. (Birgit Baumann aus Berlin, 23.4.2020)