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Foto: REUTERS/ Johanna Geron

Die EU-Kommission will zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise das EU-Budget deutlich anheben. Die Obergrenze des mehrjährigen EU-Finanzrahmens müsste für zwei bis drei Jahre von derzeit 1,2 Prozent des EU-Bruttonationaleinkommens auf rund zwei Prozent angehoben werden, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach dem EU-Videogipfel am Donnerstag.

Die EU-Kommission könne so Gelder aufnehmen, die dann über das EU-Budget an die EU-Staaten fließen würden. Vier Bereiche sollen dabei Priorität haben, sagte von der Leyen: Kohäsion und Investitionen, die bisherigen Schwerpunkte wie der Green Deal zum Klimaschutz und Digitales, drittens die Krisenfestigkeit und "strategische Autonomie" der EU sowie – in geringerem Ausmaß – die Unterstützung der Nachbarschaft der EU.

Kommission am Zug

Die Staats- und Regierungschefs beauftragten die EU-Kommission damit, ehestmöglich einen Vorschlag für die Gestaltung eines Wiederaufbaufonds zur Bewältigung der Corona-Krise vorzulegen. In diesem solle die Verbindung zu dem EU-Budget geklärt werden, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel nach dem EU-Videogipfel.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach sich nach dem Videogipfel der Staats- und Regierungschefs gegen Transferzahlungen beim Wiederaufbau nach der Corona-Krise aus. Es müsse "klar sein, dass die Mittel des Wiederaufbauplans von den jeweiligen Mitgliedsländern in weiterer Folge zurückgezahlt werden sollen und Österreich nicht die Schulden von anderen EU-Mitgliedsstaaten übernimmt", betonte der Kanzler in einer Pressemitteilung. Zugleich versicherte er den von der Corona-Krise stark betroffenen Ländern Solidarität. "Wir sind darüber hinaus bereit, im Rahmen eines Wiederaufbauplans zum Wiederaufbau der Wirtschaft in Europa Unterstützung zu leisten", so Kurz.

"Recovery Fund"

Die Debatte zum sogenannten "Recovery Fund" sei hart zwischen der Forderung nach Krediten und Zuschüssen verlaufen, hieß es in Ratskreisen. Für Kredite hätten sich Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark starkgemacht, nicht zurückzahlbare Subventionen forderten demnach Spanien, Italien, Frankreich und Portugal. Die Höhe und Dauer des Fonds seien ebenfalls umstritten.

Die Kommission soll am 6. Mai einen Vorschlag auch für das EU-Budget machen, sagten Diplomaten. Es gehe darum, eine Ausgewogenheit zwischen Krediten und Zuschüssen zu erzielen, lautet der Vorsatz von der Leyens.

540 Milliarden Euro

Der EU-Gipfel billigte zudem das bereits von den Euro-Finanzministern beschlossene Rettungspaket in Höhe von 540 Milliarden Euro. Das Corona-Hilfspaket soll ab 1. Juni 2020 zur Verfügung stehen, so Michel. Das Paket umfasst Hilfen im Umfang von 240 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm ESM. 200 Milliarden Euro sollen als Kredite über die Europäische Investitionsbank (EIB) kommen und 100 Milliarden Euro über das EU-Kurzarbeitsprogramm Sure.

Die Finanzminister der EU würden weiterhin die wirtschaftliche Situation beobachten und den Boden für eine "robuste Erholung" bereiten, sagte Michel. "Wir sind weiterhin bestrebt, die notwendigen Impulse für die Arbeit am Wiederaufbaufonds sowie am MFR (dem mehrjährigen Finanzrahmen der EU, Anm.) zu geben", so der EU-Ratspräsident.

Die EU-Spitzen stimmten am Donnerstag auch dem gemeinsamen Fahrplan für einen Rücknahme der Corona-Notfallmaßnahmen zu, den die EU-Kommission als Ausstiegsstrategie vorgeschlagen hat. "Wir stimmten alle darin überein, dass die Gesundheit und Sicherheit unserer Bürger zuerst kommen", sagte Michel. Besonders in Hinblick auf die kommende Sommersaison wolle man die Situation genau beobachten und die Koordinierung einer "schrittweisen und geordneten Rücknahme" der Beschränkungen – darunter Grenzschließungen – sicherstellen. Das Wohlergehen eines EU-Landes hänge von jedem anderen Mitgliedsstaat ab, so der EU-Ratspräsident.

Conte fordert 1,5 Billionen

Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte forderte beim EU-Gipfel, den geplanten Fonds zum Wiederaufbau mit 1,5 Billionen Euro auszustatten. Die Gelder sollten als "Subventionen" ausgezahlt werden, gaben italienische Nachrichtenagenturen Contes Äußerungen laut AFP wieder.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erwartet noch schwierige Diskussionen über finanzielle Hilfe für EU-Staaten in der Corona-Pandemie. "Es gibt Meinungsverschiedenheiten", sagte Macron laut dpa nach dem Videogipfel. In einigen Staaten gebe es Grundhaltungen und politische Zwänge, die zu "sehr harten Positionen" führten. (APA, red, 23.4.2020)