Bildungsminister Heinz Faßmann erklärt, wie der Schulbetrieb wieder anlaufen soll.

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Heinz Faßmann wirkt erleichtert. Nach wochenlangen Diskussionen darüber, wann und vor allem wie der Unterricht der insgesamt über eine Million Schülerinnen und Schüler wieder in die Schulen verlagert werden soll, verkündete der von der ÖVP gestellte Bildungsminister am Freitag einen "Etappenplan".

Pressekonferenz zum Etappenplan für die Schülöffnung.
ORF

Viele Details der Lockerung im Schulbereich waren bereits bekannt, jetzt nannte Faßmann weitere – immer unter der Prämisse "wenn alles gutgeht", heißt: wenn die Infektionszahlen ein Festhalten an dieser schrittweisen Rückkehr aus dem Fernlernexperiment ermöglichen.

Wer, wann und wie

Folgende Eckpunkte hat der Bildungsminister am Freitag skizziert:

Nicht alle gleichzeitig

Zunächst sollen "Ältere, die einen Abschluss brauchen", in die Schulen zurückkehren. Am 4. Mai machen Maturantinnen und Maturanten, die Abschlussklassen der berufsbildenden mittleren Schulen sowie Lehrlinge im letzten Berufsschuljahr den Anfang. Anmerkung: Geschlossen sind und waren die Schulen auch bisher nicht – vom Betreuungsangebot hat allerdings nur ein kleiner Teil der Kinder und Jugendlichen Gebrauch gemacht.

"Wenn alles gutgeht", soll am Freitag, dem 15. Mai, die zweite Etappe starten, nämlich für alle Sechs- bis 14-Jährigen. Den Freitag hat man absichtlich gewählt, um einen langsamen Start, etwa mit Lehrerkonferenzen, zu ermöglichen. Mit einem "Massenbetrieb" rechnet Faßmann erst ab Montag, 18. Mai. Dass genau diese Altersgruppe als zweite an den Start geht, argumentiert der Bildungsminister so: Gerade für diese Schülerinnen und Schüler sei es besonders wichtig, vor Ort die Grundkompetenzen festigen zu können, weil dies über Distance-Learning weniger gut möglich sei. Auch die Kinder, die eine Deutschförderklasse besuchen, beginnen dann wieder in der Schule.

Wenn dann wieder alles gutgehe, will das Bildungsressort Etappe 3 einläuten, heißt: Am Freitag, dem 29. Mai, folgen rund 300.000 weitere Schülerinnen und Schüler – nämlich jene aus Berufsschulen, polytechnischen Schulen und Sekundarstufe II, also die Altersgruppe 15 plus. Weil aber genau an diesem Wochenende Pfingsten ist, verschiebt sich der Schulbetrieb de facto auf Mittwoch, den 3. Juni.

Warum die Älteren am Schluss drankommen? Bei dieser Gruppe habe das E-Learning besser funktioniert, glaubt Faßmann. Außerdem sei die Betreuungsproblematik nicht so groß.

Weniger Kinder in der Klasse

Die Klassen werden in zwei möglichst gleich große Gruppen geteilt, wobei das bei Klein- und Kleinstschulen voraussichtlich nicht notwendig sein wird. Damit mehr Platz im Klassenzimmer ist, werden die Gruppen an unterschiedlichen Tagen unterrichtet. Der Plan, den der Bildungsminister skizziert hat: Gruppe eins lernt Montag bis Mittwoch in der Schule – und verbringt den Rest der Woche mit "Hausübungstagen". Gruppe zwei tritt Donnerstag und Freitag in der Schule an. In der darauffolgenden Woche werden die Tage getauscht – wodurch jede Gruppe auf gleich viel Unterrichtsstunden kommen soll.

Grundsätzlich geht Faßmann davon aus, dass die "Hausübungstage" daheim verbracht werden. Geht das nicht, gebe es aber die Möglichkeit zur Betreuung vor Ort.

Was unterrichtet wird

Am Stundenplan soll sich im Wesentlichen nichts ändern, sagt der Minister. Eine Ausnahme gibt es aber: Sport entfällt bis zum Sommer. Gleiches gilt voraussichtlich auch für das Fach Musik. Apropos: An eine Ausweitung des Schuljahres wird nicht gedacht. Dafür soll es am anderen Ende der Ferien ein Lernangebot geben – die sogenannten Summer-Schools richten sich an Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf. Faßmann nannte konkret jene Kinder, die bisher eine Deutschförderklasse besucht haben.

Den Lehrkräften richtet der Ressortchef aus, sie mögen Lerntempo und Lehrinhalte reduzieren – eine entsprechende Richtlinie soll demnächst folgen. Ganz laissez faire soll es aber auch nicht ablaufen: "Wir können nach der Wiedereröffnung rasch durchstarten", lässt Faßmann wissen.

Wie beurteilt wird

Zu Beginn gleich die Entwarnung: Schularbeiten finden bis zum Sommer nicht mehr statt. Wer zwischen zwei Noten steht oder eine bessere Note anstrebt, kann sich aber freiwillig einer mündlichen Prüfung stellen. Was Corona-bedingt auch gefallen ist: Sitzenbleiben in der Volksschule. Woran festgehalten wird: die Abschlusstestung, um aus der Deutschförderklasse in den Regelbetrieb wechseln zu können.

Ältere Kinder, die in einem Fach negativ abschließen, steigen auf. Wer mehr als einen Fünfer hat, muss auf den Beschluss der Klassenkonferenz hoffen.

Für alle Schülerinnen und Schüler gilt: Was bis zum Shutdown Mitte März geleistet wurde, zählt – zusammen mit dem Halbjahreszeugnis. Natürlich werde auch die "Mitarbeit" beim Distance-Learning in die Beurteilung einfließen. Faßmann appelliert an die Lehrenden, die Ausnahmesituation dabei mitzubedenken. Auch hier soll eine Richtlinie folgen.

Welche Hygieneregeln jetzt in der Schule gelten

Im Bildungsministerium hat man ein ganzes Handbuch mit neuen Verhaltensregeln erarbeitet. Sogar in den Pausen will jetzt an die Gesundheit gedacht werden. Stichwort Händewaschen, Abstand halten, Maske tragen. Die Schülerinnen und Schüler sollen bereits mit einem Nasen-Mund-Schutz in die Schule kommen, in den Pausen bleibt die Pflicht zur Maske nur für über Zehnjährige aufrecht.

Lehrkräfte bekommen Masken von der Schule zur Verfügung gestellt, so sie eine brauchen, verspricht der Bildungsminister. Außerdem habe er ausreichend Desinfektionsmittel eingekauft.

Sollte sich eine Familie aufgrund von Vorerkrankungen oder ob der psychischen Ausnahmesituation gegen einen Schulbesuch bis zum Sommer entscheiden, will man das ermöglichen. Laut Bildungsminister reicht ein Anruf bei der Direktion, dann ist das Kind entschuldigt. Lehrkräfte, die wegen der Rückkehr an die Schulen besorgt sind, brauchen hingegen ein ärztliches Attest. Sollten sie aufgrund ihres Alters zur Risikogruppe gehören, müssen sie fürs Online-Learning zur Verfügung stehen.

Und was ist mit dem Kindergarten?

Das Gesundheitsministerium hat in einem neuen Erlass klargestellt, dass Kindergärten und Kindertagesstätten vorerst bis 15. Mai weiterhin geöffnet bleiben. Die Landeshauptleute sollen durch Verordnung anweisen, dass "alle Betreuungsangebote für alle Kinder sichergestellt und angeboten werden", heißt es in dem Dokument, das am Freitag auf der Webseite des Ministeriums veröffentlicht wurde.

Eine Bitte hat Minister Faßmann: Den Kindergarten rein auf die Betreuungsaufgabe zu reduzieren wäre ein Rückschritt. Er betont also dessen Funktion als Bildungseinrichtung.

Kaum hatte der Bildungsminister sein Konzept zur Wiederaufnahme des Unterrichts an den Schulen präsentiert, hagelte es schon Kritik: Die Lehrergewerkschaft stört, dass zu viele Kinder in zu rascher Abfolge wieder an die Schulen kommen würden. Die Sportverbände sind empört, dass der Sportunterricht bis zum Sommer komplett eingestellt werden soll. Die Opposition reagierte zurückhaltend positiv, bis auf die FPÖ, die von einem "hanebüchenen Murks Marke Faßmann" spricht. (Peter Mayr, Karin Riss, 24.4.2020)