Der ORF müsse "Geld in die Hand nehmen" für seine Produktionen und die Kulturschaffenden: ORF-Stiftungsrat Heinz Lederer (SPÖ).

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Der ORF soll aus der Corona-Krise lernen, sagt Stiftungsrat Heinz Lederer (SPÖ) im Gespräch mit dem STANDARD. Zu lernen sieht er einiges: anfangs zu wenige eigene Experten und zu viele Regierungsexperten, sagt Lederer. Zu fokussiert auf das regierungsnahe Rote Kreuz war ihm der ORF – zu wenige andere NGOs seien zu Wort gekommen. Und nicht zuletzt der Aufruf, Kinder mögen Zeichnungen des Kanzlers schicken, lässt Lederer über "Qualitätssicherung und Objektivitätsmaßstäbe" nachdenken.

Am Montag im Finanzausschuss des ORF-Stiftungsrats, Corona-bedingt via Skype statt auf dem Küniglberg, will Lederer eine Taskforce vorschlagen, eine Evaluierungsgruppe, wie er sagt. Sie soll bis zur nächsten regulären Sitzung im Juni analysieren, wo die Krise Handlungsbedarf zutage treten ließ. Und zumindest bis dahin wissen, welche Themen es dann noch "zu vertiefen" gelte.

"Stiftungsrat stolz machen"

Das "einschneidende Ereignis" Corona-Krise habe die Leistungsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks "als Partner der österreichischen Bevölkerung" gezeigt, und das "auf allen Ebenen", sagt Lederer. Er lobt da "Technik, Programm, Information, Wissenschaft, Religion". Das müsse "den Stiftungsrat stolz machen" – also das oberste Entscheidungs- und Kontrollorgan des ORF.

Positiv fielen Lederer Wissenschaftschef Günther Mayr und Sicherheitschef Pius Strobl mit seinen entschlossenen Isolationsmaßnahmen für TV-Information und Landesstudios auf (in der TV-Information sollen sie nun mit Ende April enden).

Dennoch sieht Lederer Schwachstellen – von jedenfalls anfangs zu wenigen eingebundenen Nichtregierungs- und Hilfsorganisationen abseits des Roten Kreuzes bis zu eigenen Experten. In der Evaluierungsgruppe sollten nach seiner Vorstellung die Sprecher der Fraktionen im Stiftungsrat ("Freundeskreisleiter") und der Vorsitzende des Publikumsrats die Performance analysieren. Auch Personal- und Redakteursvertreter sieht Lederer in dieser Taskforce.

"Finger weg von der Technik"

Die Corona-Krise hat nach Ansicht Lederers auch gezeigt, dass die ORF-Technik einen "Gutteil der Qualität des ORF" ausmache. Für den SPÖ-Stiftungsrat bedeute das: "Finger weg von der Technik", wohl auch, weil die ORF-Technik im Betriebsrat ein sozialdemokratischer Machtfaktor ist.

Auslagerungen der Technik sind vor allem für bürgerliche Stiftungsräte immer wieder Thema. Eine ausgelagerte Technik hätte "in der Krisensituation bei weitem mehr gekostet und wäre nicht so sicher gewesen", sagt Lederer.

Sparen nach Corona

Die ORF-Führung dürfte den Stiftungsräten am Montag Szenarien für die wirtschaftlichen Corona-Folgen für Österreichs größten Medienkonzern vorlegen – kolportiert werden Ausfälle zwischen 30 und 70 Millionen Euro bei Werbeeeinnahmen, aber insbesondere auch durch GIS-Befreiungen von arbeitslosen Menschen – mehr dazu hier.

Lederer geht davon aus, dass das laufende Personalsparprogramm des ORF – 300 Jobs und 300 Millionen Euro weniger binnen fünf Jahren bis 2021 – den Sparbedarf abdecke. Er verschließe sich aber keineswegs weiteren "Effizienzsteigerungen in der Verwaltung und anderen Bereichen", die auch die Corona-Erfahrungen aufgezeigt hätten.

Investieren in Kultur und Programm

"Geld in die Hand nehmen" müsse der ORF indes für seine Produktionen und die Kulturschaffenden. Derzeit drohe ein "Kahlschlag" in der Branche, und dem ORF drohten Engpässe im Programm. "Der ORF muss das auch in einer schwierigen Situation wieder hochfahren", sagt Lederer im Gespräch mit dem STANDARD.

Der Rundfunk müsse auch Kulturschaffende unterstützen, damit die Regierung "nicht auf sie vergisst". Und das "nicht nur im 'Kulturmontag'", Lederer denkt insbesondere auch an Ö3 und FM4. (fid, 25.4.2020)