Amsterdam/Köln – Dem niederländischen Fußballverband KNVB steht nach dem Abbruch der Saison in der Eredivisie und der zweiten Liga eine Klagewelle bevor. Einige Klubs sind unzufrieden mit der Entscheidung, die Spielzeit ohne Meister, Auf- und Absteiger zu beenden – eine Entscheidung, bei der laut Medienberichten die Mehrheit der Klubs vom Verband überstimmt wurde. Widerstand regt sich vor allem beim Tabellenzweiten AZ Alkmaar, beim Pokalfinalisten FC Utrecht sowie den beiden Topklubs der Eerste Divisie, die nun nicht aufsteigen.

Alkmaar, das bei Unterbrechung der Saison wegen der Coronavirus-Pandemie punktgleich mit Tabellenführer Ajax Amsterdam an der Spitze lag, will laut AZ-Sportdirektor Robert Eenhoorn gegen die KNVB-Entscheidung vorgehen.

Dem niederländischen Fußball drohen schwere Corona-Nachwehen.
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Aber auch Ajax muss sich nach dem Abbruch gedulden und weiter auf seinen 35. Titel warten. Der Rekordmeister belegte nach 25 Ligaspielen nur aufgrund der besseren Tordifferenz Rang eins, Alkmaar gewann aber das Hin- und Rückspiel gegen den Rekordmeister – und dürfte bei einem Verfahren entsprechend argumentieren. Hinzu kommt: Ajax wurde für die Play-offs der Champions League nominiert, Alkmaar nimmt hingegen erstmal "nur" an der zweiten Qualifikationsrunde zur Königsklasse teil.

"Als Spieler und als Verein willst du natürlich Meister werden", sagte Ajax-Geschäftsführer Edwin van der Sar: "Es ist schade, dass wir nicht zum Meister erklärt worden sind, aber in dieser Situation mag das verständlich sein. Es gibt im Moment wichtigere Dinge als Fußball."

Weil auch das Pokalfinale zwischen Feyenoord Rotterdam und dem FC Utrecht abgesagt wurde, droht dem Verband eine weitere Klage. Wie Utrechts Mehrheitsaktionär Frans van Seumeren dem niederländischen TV-Sender NOS sagte, wolle er "die besten Rechtsanwälte des Landes" engagieren, um vor Gericht zu ziehen sowie bei den entsprechenden Instanzen der Europäischen Fußball-Union (UEFA) gegen den KNVB zu klagen.

Van Seumeren fühlt sich benachteiligt, weil Utrecht sich im Falle eines Pokalsieges für die Europa League qualifiziert hätte. Den Vorschlag, das Pokalfinale nach dem 1. September zu spielen, hatte der KNVB abgelehnt.

Die ersten fünf Plätze in der Liga berechtigen zur Teilnahme am internationalen Geschäft. Als Sechster mit einem Spiel weniger ging der FC Utrecht leer aus. Bei einem Sieg im Nachholspiel hätte Utrecht den Fünften Willem II Tilburg verdrängt. So wurden die Tilburger wurden vom KNVB für die Europa League-Vorrunde gemeldet. Der KNVB folgte bei der Vergabe der Tickets für die internationalen Wettbewerbe den Vorgaben der UEFA.

Unmut regt sich auch im niederländischen Unterhaus: Der SC Cambuur und De Graafschap, die beiden besten Vereine der zweiten Liga, werden ebenfalls voraussichtlich rechtliche Schritte einleiten. "Das fühlt sich wie die größte Schande in der Geschichte des niederländischen Sports an", sagte Cambuur-Manager Henk De Jong im niederländischen Fernsehen. Seine Mannschaft hatte elf Punkte Vorsprung auf die Play-off-Plätze, als die Liga unterbrochen wurde.

Nicht alle Vereine ärgern sich über dieses Ende. In Tilburg, dessen Club Willem II aufgrund der Platzierung in der Eredivisie knapp vor Utrecht in die Europa League einzieht, feierten Fans mit einem Autokorso. Die niederländische Regierung hatte Großveranstaltungen bis zum 1. September verboten. Der Saisonabbruch war danach nur noch Formsache. (sid, red, 25.4.2020)